Eiweiß und die positive Wirkung auf den Stoffwechsel
Dr. Nicolai Worm über eiweißhaltige Kost
In einer Vielzahl von Untersuchungen hat sich gezeigt, dass das Mehr von Eiweiß in der Ernährung einen positiven Stoffwechsel-Effekt hat: die Cholesterin- und Blutfettspiegel sinken, das schlechte Cholesterin nimmt ab, der Blutdruck wird gesenkt.
Wenn weniger Kohlenhydrate in einer Mahlzeit enthalten sind, muss von etwas anderem mehr gegessen werden. Das sollte nicht Fett sein, sondern Eiweiß.
Die positiven Wirkungen treten ein, auch wenn möglicherweise das Mehr an Eiweiß über cholesterinhaltige Nahrung erzielt wird, wie z.B. Ei, Fleisch oder Fisch. Es wird mehr Cholesterin über die Nahrung aufgenommen, aber der Cholesterinspiegel sinkt.
Ein Paradox!
Es ist dieser Eiweißeffekt, der viel wirksamer ist, als eine kalorien- und cholesterinreduzierte Ernährung.
Der zweite Effekt hat mit der Körpergewichtsregulierung zu tun. Menschen, die beim Fasten mit einer beschränkten Kalorienzufuhr zurecht kommen wollen, müssen den Eiweißanteil ihrer Ernährung erhöhen. Denn wenn beim Fasten der Eiweißanteil zu niedrig ist, werden relativ viel Körpermuskeln, nämlich fettfreie Körpermasse, beim Abnehmen abgebaut. Das kann der Herzmuskel sein.
Auch umgekehrt, wenn das Abnehmen nicht mehr geht und die Personen langsam wieder Körpermasse aufbauen, fängt der Körper durch eine ausreichende Eiweißzufuhr wieder an, Muskelmasse aufzubauen und weniger Fett.
Der dritte Aspekt gilt der Körperregulierung. Eiweiß hat von allen Nährstoffen den besten Sättigungseffekt. Eine vergleichbare Portion aus eiweißreicher Kost hält gegenüber kohlenhydratreicher Kost "besser an". Eiweiß sättigt mehr.
Ein weiterer Aspekt hat etwas mit Energieverlust zu tun. Wenn Eiweiß über die Nahrung zugeführt wird, verbraucht der Körper viel Energie, um Eiweiß im Körper zu spalten, im Stoffwechsel zu verarbeiten. So werden 20 bis 25% der Kalorien, die in der zugeführten Nahrung enthalten sind, nur für deren Verdauung benötigt. Das hilft, um die Körpergewichtsregulierung im Griff zu haben.
Eine hohe Eiweißzufuhr schädigt die Niere eines gesunden Menschen nicht. Nierenkranke müssen dagegen aufpassen, dass sie nicht eine weitere Schädigung einer Niere erreichen. Der Punkt, wo es für den Körper beginnt schädlich zu werden, liegt bei etwa 300 g reines Eiweiß pro Tag. Das erreicht man kaum, weil diese Menge dem Körper mit natürlicher Regulierung zuwider ist.
Gicht kommt nicht, weil so viel Purine in der Nahrung sind, sondern weil der Körper Harnsäure schlecht ausscheiden kann. Die Ausscheidungsmöglichkeit wird immer schlechter, je mehr Insulin der Körper speichert.
Der Insulinspiegel wird über eine kohlenhydratreiche Kost erhöht, über Gewichtsprobleme, über Alkohol. Wenn man es schafft, weniger zu wiegen, abzunehmen, weniger Alkohol zu trinken, dann hat man auch einen niedrigeren Insulinspiegel und die Harnsäure wird besser über die Nieren ausgeschieden, Gicht vermieden.
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(SWR-Sendung)
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Nicolai Worm schreibt dazu im Buch "LOGI-Methode":
Gesunde Nieren
Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass eine gesunde Niere durch einen hohen Eiweißkonsum geschädigt wird. Unter einer proteinreichen Kost vergrößern sich die Nieren sogar leicht, offenbar um sich mit mehr Kapazität für die Mehrarbeit zu wappnen.
Nur Personen, die bereits Nierenerkrankungen aufweisen, müssen aufpassen. Bei beginnendem Nierenversagen kann eine hohe Eiweißzufuhr eine Verschlimmerung fördern. Denn wenn intakte Niereneinheiten die Arbeit der erkrankten zusätzlich übernehmen müsse, nimmt der Stress für sie zu. Dies könnte im Endeffekt zu deren schnellerem Versagen beitragen. So viel zur Theorie. IN der Praxis ist der Einfluss einer erhöhten Eiweißzufuhr auf diesen Prozess wenig ausgeprägt und somit längst nicht so relevant, wie viele Jahre angenommen.
16. Wingen AM, et al. Randomised multicentre study of a low-protein diet on the progression of chronic renal failure in children. European Study Group of Nutritional Treatment of Chronic Renal Failure in Childhood. Lancet 1997;349:1117-23.
HIER
17. Kasiske BL, et al. The effects of dietary protein restriction on chronic progressive renal disease. Miner Electrolyte Metab 1997;23:296-300.
HIER
Patienten mit leicht eingeschränkter Nierenfunktion müssen ihre Eiweißzufuhr heut nicht mehr strikt einschränken. Nur bei Patienten mit fortgeschrittener Nierenerkrankung ist eine solche Reduktion von Vorteil. Ihnen wir eine Eiweißzufuhr von bis zu 0,8 Gramm je Kilogramm Körpergewicht empfohlen – was exakt den gängigen Empfehlungen für Gesunde entspricht.
18. Wheeler ML, et al. Animal Versus Plant Protein Meals in Individuals With Type 2 Diabetes and Microalbuminuria: Effects on renal, glycemic, and lipid parameters. Diabetes Care 2002;25:1277-82.
HIER
Viel Eiweiß ist nicht toxisch
Eiweiß besteht aus Aminosäuren. Das sind biologisch hochaktive Substanzen, wichtige Baustoffe für den Körper des Menschen. Sie enthalten unter anderem auch Stickstoff, der bei ihrem Ab- und Umbau frei werden kann.
In hoher Konzentration kann er den Körper schädigen. Aber Stickstoff wird in Form von Harnstoff mit dem Harn über die Niere ausgeschieden. Dafür stellt die Leber spezielle Enzyme zur Verfügung. Bei einem gesunden Mann von 80 Kilogramm Körpergewicht kann das Entgiftungssystem in Leber und Nieren nach theoretischen Berechnungen einen Konsum von bis zu 250 Gramm Eiweiß pro Tag störungsfrei bewältigen.
19. Cordain L, et al. Plant-animal subsistence ratios and macronutrient energy estimations in worldwide hunter-gatherer diets. Am J Clin Nutr 2000;71:682-692.
HIER un und
http://www.thepaleodiet.com/articles.htm#serum
Doch um eine derart hohe Zufuhr geht es bei der LOGI-Methode nicht. Als Richtwert gilt, dass bei einer Eiweißaufnahme von etwas 35 % der täglichen Energie die obere Zufuhrgrenze erreicht ist. Wer sie mehrere Tage lang überschreitet, wird erleben, dass sich der Körper dagegen wehrt: Es kommt zu unangenehmen Nebenwirkungen wie Schwindel, Kopfsausen, Durchfall, plötzlichem rapidem Gewichtsverlust und anderen Symptomen.
20. Biesalski HK, et al. Taschenatlas der Ernährung. Stuttgart: Georg Thieme Verlag, 1999.
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/31...2989197-2301368
Da vergeht der Appetit und so zwingt der Körper einen dazu, automatisch auch die Eiweißzufuhr einzuschränken. Kein Wunder also, dass bei gesunden Menschen nie eine toxische Wirkung von Eiweiß nachgewiesen worden ist.