Im Sommer zieht sie also aus; 700km weit weg. Ohne Abitur, ohne Ausbildung, ohne Job... aber dafür die Taschen voller Träume und Wunschvorstellungen.
Das ist doch schön, dass sie mit soviel Zuversicht ihren eigenen Weg gehen will.
Das erfordert auch eine Menge Mut und, falls es mehr Verrücktheit als Mut ist, ist sie jung genug das noch rechtzeitig genug erkennen zu können.
Die Pubertät ist manchmal eine sehr fordernde und tränenreiche Zeit für alle Beteiligten.
ABER sie geht vorbei und so, wie ihr jetzt damit umgeht, werdet ihr vermutlich auch gestärkt daraus hervorgehen.
Bei uns war das so, mein Verhältnis zu unserer Tochter ist danach soviel besser geworden.
Sie sieht mich nun auch als gute Freundin und vertraut mir sehr vieles an.
Das war nicht abzusehen, denn sie hatte auch großen Ballast mit sich getragen, der vermutlich auch hormonell begründet war.
Damals hatte ich mich in der schlimmsten Phase sogar mal ans Jugendamt gewandt, weil ich verzweifelt und hilflos war.
Ich hatte ihr sogar gedroht, sie in ein Heim zu geben.
Nach dieser Eskalation, wo ich mir auch mal Luft gemacht habe, konnte ich mich schließlich zurücknehmen und sie defensiv in ihrer Situation unterstützen, obwohl ich gar nicht damit einverstanden war. Aber das war mein Problem und nicht ihres.
Ich habe riskiert, dass sie einen folgenschweren Entschluss trifft, den ich zuvor ständig versucht habe, abzuwehren.
Ich hatte immer dagegen geredet und logische Argumente geliefert. Nur hat das die Fronten stetig verhärtet.
Nachdem ich sie in gewissem Rahmen machen ließ und sie sich „ausleben“ konnte, bekam ich wieder einen Zugang zu ihr.
Ich hatte mich gegenüber Familie und den „Leuten“ vor sie gestellt und habe neutral mit ihr über ihre Pläne gesprochen. So war sie nicht alleine, hatte Rückendeckung und unsere Vertrauensbasis wurde gestärkt.
Nachdem sie sich mit ca. 18 Jahren, langsam wieder in eine „normale“ Richtung entwickelte, wusste sie noch einige Jahre nicht, was sie beruflich machen will und hat sich mit Teilzeitjobs über Wasser gehalten. Das sorgte teilweise auch für Stimmung in der Familie und die „Leute“ fragten natürlich auch regelmäßig, was sie denn nu mache.^^
Das Abitur hat sie zwar gemacht, aber gebracht hat es ihr nichts und dennoch hat sie jetzt einen Job, der sie ausfüllt und den sie mit Ehrgeiz und Enthusiasmus ausübt. Sie hat sich zuletzt sogar behaupten können, dass sie inzwischen das Gehalt verdient, welches ansonsten nur die „Studierten“ in dieser Firma bekommen.
Sie ist nun eine hübsche junge Dame, die ihren eigenen Stil entwickelt, ihre weibliche Seite lebt, dennoch stark ist und ihren Weg stetig weiter geht.
Es gibt viele Wege, wie sich eure Tochter entwickeln kann und wird; und vielleicht überrascht sie euch mit einer unkonventionellen Variante, die ihr so jetzt gar nicht auf dem Schirm habt.
Sei zuversichtlich, dass alles gut wird! Ich wünsche dir die Kraft dafür.