Mythos Cholesterin

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Toddy

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Noch immer gilt Cholesterin als der Hauptfeind gesunder Ernährung, als das Böse schlechthin, verantwortlich für den Herztod vieler Menschen. Das hält nicht nur der Ernährungsexperte Udo Pollmer für einen elementaren Irrtum.

Natürlich warnen auch deutsche Ernährungsexperten vor dem vorzeitigen Herztod durch falsche Ernährung. Vielen Journalisten gilt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. als kompetenter Ansprechpartner. Sie gibt alle vier Jahre im Auftrag und mit finanzieller Unterstützung der Bundesregierung den Ernährungsbericht heraus, der sich nach den Worten der Gesellschaft "inzwischen zur Standard- und Bezugsinstitution in Ernährungsfragen entwickelt hat".

In der aktuellen Ausgabe findet sich natürlich auch ein Kapitel zur Prophylaxe vor Arteriosklerose durch "vollwertige Ernährung". Wie immer warnt die DGE vor zuviel Fett als wichtigste Ursache der bekannten Risikofaktoren. Ein besonderer Dorn im Auge sind ihr dabei die gesättigten Fette, sprich Butter, Sahne, Eier oder Speck. Betrachtet man jedoch die präsentierte Datenlage, beschleichen den Leser Zweifel an der Kompetenz der Fachgesellschaft. Der Ernährungswissenschaftler und Buchautor Dr. Nicolai Worm ("Diätlos glücklich", "Syndrom X") hat sich die Mühe gemacht und die Daten des Ernährungsberichts geprüft. Sein Ergebnis ist wenig schmeichelhaft:

"Traditionell lamentiert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) alle vier Jahre in ihrem Bericht über die Fehlernährung der Bundesbürger: zuviel Fett und Protein essen wir - vor allem tierisches ... Pikanterweise wird im Ernährungsbericht auch immer die aktuelle Sterblichkeitsstatistik aufgelistet. Und die weist wieder einmal aus, dass trotz jahrzehntelangen, fast unveränderten Ernährungsgewohnheiten die Sterblichkeit bei den meisten 'ernährungsmitbedingten' Krankheiten zurückgeht, dramatisch vor allem im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen... Offenbar ist dauerhaft 'ungesunde' Ernährung mit zunehmender Gesundheit und Lebenserwartung assoziiert. Ein Ignorant, der hier ins Schmunzeln kommt."

Die Experten der DGE verweisen auf Publikationen, die ihre Auffassung stützen. Als Beleg für ihre Behauptung, mit zunehmenden Fettverzehr steige das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, zitieren sie die Health Professionals Study und die Nurses Health Study aus den USA. Ein Blick in die Studien hätte der DGE eine Blamage erspart. Die Autoren finden nirgendwo den behaupteten Zusammenhang.

Lesen wir weiter: "Ein erhöhtes Herzinfarktrisiko mit steigender Gesamt-Fettzufuhr wurde auch in anderen Kohortenstudien festgestellt". Man beruft sich auf zwei Studien. Doch auch hier war die Wahl nicht glücklicher; der Zusammenhang ließ sich nur bei Untergruppen nachweisen, speziell bei jüngeren, weniger infarktgefährdeten. Nun wäre das durchaus diskutabel, wenn es keine anderen Studien gäbe, Aber die gibt es zuhauf, doch finden sie keine Erwähnung.

Dann geht es den gesättigten Fetten an den Kragen: "Eine signifikante Beziehung zwischen gesättigten Fettsäuren und dem Herzinfarktrisiko wurde in mehreren Kohortenstudien gefunden". Die DGE versucht, ihre Aussage mit vier Quellen zu belegen. Die erste, die Health Professionals Studie fand allerdings tendenziell das Gegenteil, ein Sinken des Risikos mit steigendem Konsum tierischer Fette. Allerdings war diese Korrelation nicht signifikant - so oder so taugt die Studie nicht als Beweis. Die zweite Studie stützt die Behauptung der DGE nur in der Untergruppe junger Männer. "Ein Lob muss sein", bemerkt Worm sarkastisch, "die dritte und vierte Studie sind tatsächlich korrekt zitiert, und damit wurden alle Studien berücksichtigt, die die Position der DGE stützen. Nur am Rand erwähnt: Die wissenschaftliche Literatur weist 17 weitere Kohortenstudien aus - also die überwältigende Mehrheit -, bei denen keine signifikante Assoziation zwischen gesättigten Fettsäuren und Herzinfarkt gefunden wurde!"

Nicht viel besser ist es um die Vorurteile der DGE zum Thema Cholesterin bestellt: "Erhöhte Zufuhr von Cholesterin mit der Nahrung steht in einigen Kohortenstudien ebenfalls signifikant mit einem erhöhten Herzinfarktrisiko in Verbindung", behauptet sie. Dazu werden drei Kohortenstudien zitiert. Dr. Worm: "Unberücksichtigt bleiben die dreizehn anderen, also die überwältigende Mehrheit, die keinen Zusammenhang finden konnten."

Worm wirft der DGE vor, "Ernährungsmythen zu pflegen", frei nach dem Motto "was nicht sein darf, ist einfach nicht". Dabei stellt er die längst überfällige Frage, die sicher für jede Art von Ernährungsempfehlung gilt, die Frage nach der Sorgfaltspflicht. Bisher haben die Experten auf diesem Gebiet aber wenig zu befürchten. So mischt sich nach langen Jahren fruchtloser Diskussionen um einen vernünftigen Umgang mit dem Thema Fett und Cholesterin auch ein wenig Bitterkeit unter die wohl eher ironisch gemeinte Bemerkung Worms: "Auf Publikationen der DGE prangt das Motto: 'Der Wissenschaft verpflichtet'. Ein Ketzer, der da fragt: ja, wem denn sonst?'"


Quelle

Toddy
 

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