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Selbststigmatisierung Formen von Stigma (nach Corrigan, 2015)

Stigmatisierung erfolgt, wie beschrieben, zum einen öffentlich. Zum anderen teilen viele Menschen mit Adipositas die gewichtsbezogenen Stereotypen, verinnerlichen die Vorurteile und beziehen sie auf sich selbst (s. Abbildung). Diese Selbststigmatisierung oder Internalisierung des Adipositasstigmas bewirkt, dass Betroffene sich aufgrund ihres Übergewichts abwerten und ein benachteiligendes Verhalten gegenüber sich selbst zeigen, z.B. wenig Unterstützung bei der Gewichtsreduktion suchen. Die negativen Auswirkungen von gewichtsbezogener Stigmatisierung („Konsequenzen von Stigmatisierung“) können durch die Selbststigmatisierung noch weiter verstärkt werden. Damit resultiert nicht zuletzt im Kontext der Behandlung der Adipositas die Herausforderung, Selbststigmatisierung zu erkennen und zu verringern.
Formen von Stigma (nach Corrigan, 2015)

https://www.adipositasstigma.de/stigmatisierung/selbststigmatisierung.php
 
Es ist ja nun nichts Neues, dass hier Leute im Forum sind, die von Ärzten nicht Ernst genommen werden oder gar in völlig falsche Ecken gesteckt werden in ihrem Versuch, sich selbst zu helfen. Was tun?


Häufig kommt es auch vor, dass die Betroffenen aus Angst vor weiterer Stigmatisierung keine fachliche Unterstützung suchen, etwa eine psychologische Beratung, eine Psychotherapie oder eine psychiatrische Behandlung.

Auf der anderen Seite haben auch manche Ärzte ein eher negatives Bild von psychischen Erkrankungen und ihrer Behandelbarkeit. Das kann dazu führen, dass sie diesen Erkrankungen wenig Beachtung schenken, so dass sie nicht frühzeitig diagnostiziert und behandelt werden können. Es kann auch sein, dass sie Patienten mit psychischen Erkrankungen bei der Schilderung körperlicher Beschwerden nicht ernst nehmen und diese deswegen nicht angemessen behandelt werden.

https://www.therapie.de/psyche/info/ratgeber/lebenshilfe-artikel/stigmatisierung/formen/
 
Da habe ich mir aus wieder erschlankten Zeiten etwas angewöhnt, was mir heute selber auf die Füße fällt. Und zwar nicht zu knapp. Da hab ich wohl mit mir noch was zu tun.

Die negative öffentliche Wahrnehmung übergewichtiger bzw. adipöser Menschen verstärkt auch deren gesundheitlichen Probleme. Das Forscherteam rund um Prof. Dr. Anja Hilbert von der Universität Leipzig, seit 2015 Präsidentin der größten internationalen Gesellschaft für Essstörungen „Eating Disorder Research Society“ (EDRS), befragte 1158 übergewichtige Deutsche dazu, wie sie mit typischen Vorurteilen gegenüber übergewichtigen Mensch umgehen. (1)

Die Studie förderte besorgniserregende Ergebnisse zutage: Übergewichtige und Adipöse übernehmen die gängigen Vorurteile – sie halten sich selbst für faul und undiszipliniert und glauben, dass sie die Schuld an ihrem Übergewicht tragen. Im Rahmen einer weiteren Studie führte die Psychologin Prof. Dr. Claudia Luck-Sikorski, Leiterin der IFB-Nachwuchsforschungsgruppe „Stigmatisierung und internalisiertes Stigma bei Adipositas“ (Integriertes Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen) an der Universität Leipzig und Professorin an der SRH Hochschule für Gesundheit in Gera, gemeinsam mit Kollegen eine telefonische Befragung von 3003 adipösen Erwachsenen in Deutschland durch: Während bei Übergewicht nur 5,6 Prozent der 3003 Befragten von Diskriminierung berichten, sind es bei leichter bis mittlerer Adipositas zehn bis 18 Prozent, bei schwerer Adipositas fast 40 Prozent. Die Zahlen beruhen auf den Selbstauskünften der Teilnehmer auf die Frage, ob sie schon einmal Benachteiligung aufgrund ihres Körpergewichts erlebt haben. „In dieser Studie wurde zum ersten Mal das Ausmaß gewichtsbedingter Diskriminierung in Deutschland deutlich. Es handelt sich also nicht nur um ein Einzelphänomen, sondern betrifft vor allem Frauen mit höherem Gewicht. Während 7,6 Prozent der Männer mit Adipositas über gewichtsbedingte Diskriminierung berichten, ist dieser Wert bei Frauen mit 20,6 Prozent ungleich höher“, so Prof. Dr. Claudia Luck-Sikorski. (2)

Stigmatisierung und Selbststigmatisierung

Stigmatisierung und Selbststigmatisierung führen unweigerlich zu herabgesetztem Selbstwertgefühl und verminderter Fähigkeit zur Problembewältigung (Coping) und drängen adipöse Menschen häufig in eine Opferrolle. Diese Folgen der Stigmatisierung, die als hohe Risiko-faktoren für psychische Leiden wie Depressionen oder Angststörungen gelten, werden teilweise von Ärzten, Therapeuten oder Diätassistenten unterschätzt oder nicht als wesentliches Problem akzeptiert. Viele vertreten die Meinung, es müsse reichen, adipöse Mensche zu eigenverantwortlichem Handeln in Hinblick auf Ernährung, Bewegung und Lebensstil zu animieren. Diese Haltung und der ohnehin zu hohe Zeitdruck bei Arztbesuchen führt in der Regel zu noch mehr Frust bei den Betroffenen und zu einer Verschlimmerung der Gesamtsituation. „Die Adipositasforschung hat gezeigt, dass die psychische Belastung durch Stigmatisierung und das Selbststigma zu Depressionen, Angststörungen und zu einer weiteren Gewichtszunahme führen kann“, so Prof. Dr. Martina de Zwaan.

„Für das Kindes- und Jugendalter wurde in Längsschnittstudien sogar gezeigt, dass gewichtsbezogene Diskriminierung einen geringeren Selbstwert, eine beeinträchtigte Lebensqualität, eine vermehrte Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, Essanfälle sowie Diätverhalten, depressive Symptome und sogar Suizidgedanken und –versuche vorhersagt, auch nach Kontrolle des Körpergewichts“, schreiben Prof. Dr. Anja Hilbert und ihre Kollegen Dr. Jens Ried, Dr. Stephan Zipfel und Prof. Dr. Martina de Zwaan in dem Positionspapier „Stigmatisierung bei Adipositas“ des Kompetenznetzes Adipositas.(3)

Interventionen zur Reduktion von Selbststigmatisierung

„Das Selbststigma geht in Querschnittstudien deutlich mit depressiven Symptomen, Ängsten, geringem Selbstwert, Essstörungspsychopathologie, sozialen und Verhaltensproblemen und einer verringerten Lebensqualität einher. Diskriminierungserfahrungen, zum Beispiel kritische Kommentare zu Figur oder Gewicht, scheinen darüber hinaus besonders in vulnerablen Gruppen mit psychischen Auffälligkeiten assoziiert, darunter Patienten in Gewichtsreduktionsgruppen oder Kinder mit Essanfällen. (…) Diskriminierungserfahrungen scheinen den Erfolg konservativer Adipositastherapien negativ zu prognostizieren. Umgekehrt verbleibt ein residuales Stigma selbst bei einem Gewichtsverlust auf Normalgewicht,“ erklären Prof. Dr. Anja Hilbert und Kollegen.(4) Das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) AdipositasErkrankungen, ein gemeinsames Zentrum des Universitätsklinikums Leipzig und der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig, sieht hier einen besonderen Bedarf, das Phänomen gewichtsbezogener Stigmatisierung genauer zu erforschen, Erscheinungsformen und Auswirkungen des Selbststigmas in unterschiedlichen
Lebensbereichen zu untersuchen und Modelle für therapeutische Interventionen mit interdisziplinären Ansätzen zu entwickeln.

Akzeptanz und Achtung

Da Adipositas weltweit weiter zunimmt bei gleichzeitig nur wenigen wirksamen Behandlungsmöglichkeiten, ist es wichtig zu verstehen, welche Mechanismen den Erfolg von Adipositastherapien vereiteln. Sikorski sucht nach therapeutischen Ansätzen, wie dieser Teufelskreis durchbrochen werden kann. „Für eine verbesserte Adipositastherapie ist unsere Arbeit wichtig, weil wir nicht darauf vertrauen können, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Menschen mit Adipositas in absehbarer Zeit verbessert. Deshalb sollten wir den Betroffenen Mittel und Wege zum Umgang mit Stigmatisierung aufzeigen. Dies sollte ein integraler Bestandteil der Adipositastherapie werden”, erklärt die Wissenschaftlerin. Im Gegensatz zu anderen stigmatisierten Gruppen (wie HIV-Patienten) haben Studien zufolge Strategien zur Förderung von Mitgefühl gegenüber adipösen Jugendlichen und Erwachsenen entweder keine Veränderung oder sogar eine Verschlechterung der stigmatisierenden Einstellungen bewirkt. „Möglicherweise wurde das ‚Stereotyp’ Schwäche verstärkt, indem die übergewichtigen Personen als hilflos, bedürftig oder bemitleidenswert dargestellt werden. Effektiver könnte es hingegen sein, statt Empathie Akzeptanz und Achtung für Menschen mit Adipositas in den Vordergrund zu stellen“, empfehlen Prof. Dr. Anja Hilbert und Kollegen.

(Aus: Adipositas Wegweiser, Text: Gabrielle Schultz)

Quellen:

1) Hilbert, A., Braehler, E., Häuser, W., Zenger, M.: Weight bias internalization, core self-evaluation, and health in overweight and obese persons, Int J Obes, 2014;22(1):79-85.
2) Sikorski, C., Spahlholz, J., Hartlev, M., Riedel-Heller, S. G.: Weight-based discrimination: an ubiquitary phenomenon?, Int J Obes, 2016;40(2):333-7.
3) Hilbert, A., Ried, J., Zipfel, S., de Zwaan, M.: Stigmatisierung bei Adipositas, Adipositas: Ursachen, Klinik, Folgeerkrankungen, 2013; 7:151.
4) Vgl. ebd., Seite 151.
5) Vgl. ebd, Seite 152.

Weitere Informationen unter: www.adipositasstigma.de

https://dick-und-du.de/nimm-doch-endlich-ab/
 
Bei Bodyshaming oder Bodypositvity sehe ich die Problematik darin, dass überhaupt eine Bewertung vorgenommen wird. Durch solche Beurteilungen werden Schubladen gefördert.

Ich bemerke selbstverständlich auch, dass mir stark übergewichtige Menschen auffallen. Das war in USA besonders heftig, wenn sie in den Vergnügungsparks auf extra breiten Sitzen der Fahrgeschäfte Platz nehmen mussten, im Flugzeug einen zusätzlichen Sicherheitsgurt bekamen oder auf den zu kleinen Stühlen bei MC D... , die Sitzfläche gar nicht mehr zu sehen war, weil die von deren Körpermasse fast vollständig bedeckt wurde. Sowas fällt mir auf, aber ich kommentiere es nicht (mehr). Ich denke, da auch nicht mehr bewertend.

Missbildungen, Narben oder irgendwas Auffälliges, das nicht zu meinem gewohnten Umfeld gehört, nehme ich selbstverständlich auch wahr. Ich habe es mir jedoch zur Gewohnheit gemacht, es zu bemerken, jedoch nicht zu bewerten. In Gedanken habe ich manchmal einen Dialog. Nämlich darüber, warum es mir gerade so auffällt, was ich sehe.

Letztlich macht es keinen so großen Unterschied, ob jemand ausspricht, was er denkt. Ein Blick oder die Körperhaltung spricht manchmal schon Bände.
Und mit einem ehrlichen Lächeln habe ich meist, die beste Art der Kommunikation während einer Begegnung. Nämlich auch dann, wenn sich mein Gegenüber vielleicht unwohl gefühlt hat, obwohl ich nichts gedacht oder gesagt habe, das dazu beigetragen haben könnte.
 
Da ich mit vielerlei Formen von Selbststigmatisierung und der Normalität von Bodyshaming - es sei denn, es waren Kriegsversehrungen - aufgewachsen. Es hat mich zu einer wahren Künstlerin von Vermeidungsstrategien gemacht. Und wenn das nicht möglich ist, so ist eben Angriff die beste Art der Selbstverteidigung, denn "im Kampf untergehen mit wehenden Segeln ist ehrenhaft" und "gestorben wird in Stiefeln, nicht im Bett"!

Mir scheint, mir hat die intensive Arbeit an meinen unbewussten Blockaden hier zu mehr Klarheit verholfen. Es ist wirklich nicht angenehm zu sehen, was ich da schon alles angerichtet habe ohne meinen eigenen Anteil daran zu sehen. Und welche Vorteile mir ein solches Vermeiden doch bringt. DreimalEi = eieiei!
 
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