Bilanz nach einem Jahr kohlenhydratarmer Ernährung
1 Jahr kohlenhydratarme Ernährung gegen Migräne
"Etwas" zu spät, aber hier ist sie nun: meine Bilanz des ersten kohlenhydratarmen Jahres. Der Originaltext steht in meinem Migräneforum, aber der Vollständigkeit halber möchte ich ihn auch hier posten.
Attackenfrequenz
Vor der Umstellung hatte ich einen Durchschnitt von 2,7 Medikamententagen pro Woche, bezogen auf die letzten 12 Monate.
Im gesamten Jahr der Umstellung hatte ich durchschnittlich 1,9 Medikamententage, in den letzten 3 Monaten 1,5. Dies entspricht einer Reduktion um 30 bzw. 44%. Es wird zwar langsam, aber stetig weniger.
Der Erfolg ist größer und dauert nun länger an als bei allem, was ich vorher versucht habe.
Attackenstärke
Die Anfälle sind deutlich leichter geworden. Diese Tendenz war allerdings ohnehin in den letzten Jahren zu erkennen. Auf einer Skala von 1-10 sind sie von 9-10 in den schlimmsten Jahren zunächst ca 2 Jahre vor der Umstellung auf 6-7 gefallen. Mit der Umstellung sank die Schmerzstärke fast sofort noch einmal deutlich, und zwar auf 1-2, selten 3.
Trotzdem komme ich nach wie vor nicht ohne Triptane aus, da die Begleiterscheinungen überwiegend immer noch so heftig sind, dass ich nicht arbeitsfähig wäre. Andere Schmerzmittel wie Ibu oder Novalgin helfen nicht. An Begleiterscheinungen habe ich Übelkeit (seit der Umstellung aber nur noch einmal mit Erbrechen), Schwindel, Konzentrationsunfähigkeit, Augenschmerzen und totale Erschöpfung.
Ich muss immer noch gelegentlich einige Stunden oder einen ganzen Tag im Bett liegen. Allerdings nicht mehr fast jedesmal wie in den Vorjahren.
Gelöste und ungelöste Probleme
Das Absetzen der medikamentösen Prophylaxe (Doxepin, ein Antidepressivum, das ich seit Jahren in einer Stärke von 5-10 mg nehme) führte zu heftigen Spannungskopfschmerzserien und weiteren Problemen, vermutlich Absetzsymptome. Deshalb habe ich die Prophylaxe zähneknirschend wieder eingenommen. Frühestens im Januar 2014 werde ich einen weiteren Absetzversuch starten. Ich rate dringend, sich nach langjähriger Prophylaxe-Einnahme vor dem Absetzen sehr gut zu informieren und sehr langsam auszuschleichen. Es gibt dafür ein spezielles Forum, dort wird die Reduktion um jeweils 10% der ursprünglichen Dosis alle 4-6 Wochen empfohlen, im untersten Dosisbereich ev. noch langsamer.
Vorab machte ich mir sehr viele Gedanken, wie das die Ernährungsumstellung im Alltag praktisch umsetzbar sein soll. Völlig überflüssigerweise: es hat sich sehr schnell eingependelt und ich habe neue Gewohnheiten entwickelt. Leider auch schlechte, so trinke ich z.B. zuviel Kaffee, nachdem ich entdeckt habe, wie gut (und lecker) man mit Sahne im Kaffee die notwendigen Kalorien aufnehmen kann.
In der Anfangsphase nahm ich insgesamt 6 kg ab. Dies beunruhigte mich, da ich mit dem BMI unter 20 kam. Inzwischen nehme ich wieder zu. Das beunruhigt mich auch
.
Den Versuch, mit Nahrungsergänzungsmitteln zu unterstützen, habe ich aufgegeben. Zu widersprüchlich sind die Aussagen und zu komplex die Zusammenhänge. Ich nehme also nur noch wie vor der Umstellung Magnesium, allerdings nur phasenweise, wenn ich "irgendwie das Gefühl habe", es wäre sinnvoll.
Ansonsten verzehre ich so weit wie möglich nur Bio-Produkte und unverarbeitete Lebensmittel, außer natürlich im Restaurant, und ich mache eine Ausnahme bei Frosta-Produkten. Da Essen für mich keine wichtige Rolle spielt, mache ich lieber Abstriche in der Raffinesse der Mahlzeiten als Abstriche in der Qualität.
Leinöl steht regelmäßig auf meinem Speiseplan, auch Fleisch, an das ich mich wieder gewöhnt habe.
Das Wichtigste für mich
Mein Hobby, das Orchesterspiel, hatte ich vor einigen Jahren aufgegeben, weil ich zu oft absagen musste und mir die Kraft fehlte. Ich habe zwei Wochen nach der Umstellung wieder damit begonnen und in den zurückliegenden 12 Monaten nur zweimal wegen Migräne gefehlt.
Aus meinen persönlichen Erfahrungen abgeleitete Tipps
- Medikamentöse Prophylaxe nicht zeitnah zur Ernährungsumstellung ausschleichen. Die durch das Absetzen entstehenden Probleme könnten den Erfolg der Umstellung verschlechtern.
- Konsequent sein.
- Sobald möglich, Sport treiben - ich habe das versäumt, weil ich mich sofort in mein Hobby gestürzt habe, als es mir besser ging. Dadurch waren die zeitlichen Ressourcen, die früher durch Migräne blockiert waren, sofort wieder besetzt. Rückblickend denke ich, in Kombination mit Bewegung wäre der Erfolg vermutlich noch größer.
- Keine Panik bei Gewichtsabnahme und nicht zu stark gegensteuern, man gewöhnt sich die vielen leckeren Dinge nur schwer wieder ab.
Mein Plan für das zweite KH-arme Jahr
- Weitermachen!
- Derzeitig akuten persönlichen Stress abbauen.
- Ab Januar ev. Prophylaxe erneut ausschleichen, diesmal aber langsamer.
Meine Hoffnung bzw. mein Ziel für das zweite Jahr
- Nur noch durchschnittlich ein Anfall pro Woche.
Liebe Grüße,
Aprikose