Donnerstag 31. August 2006 Wann Kinder für ihre Eltern haften
Kinder müssen in der Regel nicht auf die eigene Altersversorgung verzichten, um ihre pflegebedürftigen Eltern zu unterstützen. Das hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30. August 2006 entschieden (Az.: XII ZR 98/04). Der Entscheidung lag der Fall einer Seniorin zugrunde, welche ihren Aufenthalt in einem Pflege- und Seniorenheim nicht aus eigenen Einkünften oder Vermögen bezahlen konnte. Mit seinem monatlichen Nettoeinkommen von rund 1.330 Euro konnte auch ihr Sohn die Kosten nicht aufbringen. Daher wurden die Heimkosten zunächst aus Mitteln der Sozialhilfe finanziert. Der Sohn hatte im Laufe seines Arbeitslebens allerdings ein Vermögen von rund 113.000 Euro angespart, welches er in Lebensversicherungen, Wertpapieren, Geld und Schmuck sowie auf einem Girokonto angelegt hatte. Mit diesem Geld wollte der kinderlose, alleinstehende Mann eine Eigentumswohnung für seine Altersversorgung erwerben. Außerdem hatte er vor, als Ersatz für sein zehn Jahre altes Auto, welches er unter anderem für die Fahrten zu seiner 39 km entfernt liegenden Arbeitsstelle nutzte, einen neuen Pkw zu kaufen. Diesen Plänen wollte das Sozialamt einen Riegel vorschieben. Es war der Auffassung, dass der Mann sein Vermögen dazu verwenden müsse, die Heimkosten seiner Mutter zu bezahlen. Als sich dieser weigerte, zog das Sozialamt vor Gericht. Ohne Erfolg. Wie bereits die Richter der Vorinstanz waren auch ihre Kollegen des Bundesgerichtshofs der Auffassung, dass der Mann seine Ersparnisse nicht anzutasten brauche. Grundsätzlich, so das Gericht, müsse ein Unterhaltspflichtiger im Rahmen des Verwandtenunterhalts auch sein Vermögen einsetzen. Es bestehe aber gleichwohl keine Verpflichtung, deswegen seinen eigenen Unterhalt zu gefährden. So könne etwa niemand fordern, dass ein angemessener, selbstgenutzter Immobilienbesitz verwertet werde, um Unterhalt zahlen zu können. Auch das Ersparte, welches für eine eigene, angemessene Altersversorgung vorgesehen sei, müsse nur unter bestimmten Voraussetzungen angetastet werden. Auf die Art der Geldanlage komme es dabei nicht an. Es stehe dem Unterhaltspflichtigen frei, auf welche Weise er Vorsorge für sein Alter treffe. Als Maßstab, welcher Betrag als sogenanntes Schonvermögen angemessen sei, griffen die Richter auf ihre eigene Rechtsprechung zurück. Danach dürften neben den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung fünf Prozent des Bruttoeinkommens für die eigene private Altersversorgung angespart werden. Im zu entscheidenden Fall kamen die Richter auf eine Summe von 100.000 Euro. Zusammen mit dem notwendigen Kauf eines neuen Autos bliebe somit kein Geld für Unterhaltszahlungen übrig. Das Sozialamt müsse daher für die Pflegekosten auch weiterhin alleine aufkommen.