Ich und "Der Ultimative New York Body Plan
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von Monika Berger-Lenz * 21. April 2005 * -MBL-
Wie rezensiert man ein Buch, das vor allem eine Anleitung dazu ist, wie man sich innerhalb von 14 Tagen in Bikini-Form bringt? Vor allem dann, wenn es dafür nicht reicht, die vom Autor versprochenen bis zu sechs Kilo abzunehmen? Eigentlich müssten es schon mehr sein. Die Antwort ist schweißtreibend: Man testet das Programm. Oder vielmehr: Ich teste es!
1. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Eins weiß ich bereits jetzt, nein eigentlich sind es gleich vier Dinge:
1. Wer dieses Programm 14 Tage durchhält ist entweder bescheuert, masochistisch oder stur.
2. Dieses Programm ist nichts für Berufstätige, es sei denn sie nehmen sich (so wie ich) frei.
3. Wenn das Training die Hälfte der Wachzeit verschlingt, nimmt das Ernährungsprogramm den Rest.
4. Wer sich für trainiert hält, wird spätestens von David Kirsch eines besseren belehrt.
Ich bin nicht wirklich untrainiert.
Nun gut, ich habe in den Wintermonaten geschludert, hauptsächlich weil ich seit zweieinhalb Jahren wieder richtig krank war und zwar dauernd. Angina, Schnupfen, Husten, Schnupfen, Husten, Ohrenschmerzen...
Keine Chance also, zu trainieren. Stattdessen habe ich mich auf Bitterschokolade (85% Kakao) verlegt, was ich wabbelig zwischen den Fingern spüre, wenn ich mir in die frühere Taille kneifen.
Nun lässt David Kirsch seine Probanden ja nicht einfach aufs Training los, sie müssen erst ihre Fitness testen. Kein Problem - den bestehe ich leicht. Immerhin habe ich schon zwei Marathons hinter mir, den dritten will ich Ende Mai laufen. Wie gesagt - nicht wirklich untrainiert. Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, ein Gymnastik- und ein Medizinball gekauft, Hanteln habe ich in verschiedenen Größen. Ich habe frei, es kann los gehen.
Und es geht los.
Nämlich damit, dass ich über den Übungen grübele.
Es dauert seine Zeit, bis ich dahinter komme, wie sie ausgeführt werden. Bei zwei kapiere ich es gar nicht. Jetzt verstehe ich, wieso diese Hollywoodstars sich von David Kirsch persönlich triezen lassen. Ist viel einfacher, sich zeigen zu lassen, wie es geht und kostet nicht soviel Zeit.
Aus dem angeblichen 45-Minuten-Programm wird ein 90-Minuten Programm. Bei zwei Übungen versage ich völlig, eine davon heißt Pikes. Wie ein nasser Sack hänge ich zwischen Fußboden und Gymnastikball, froh, dass mir der nicht unter den Füßen wegrutscht. Wie ich den Hintern noch hoch kriegen soll um ein V zu bilden ist mir völlig schleierhaft. Ich schaffs einfach nicht. Die zweite derart niederschmetternde Erfahrung mache ich mit den Spiderman-Liegestützen. 20 soll ich machen. Ich versage schon beim ersten. Und ich beginne echt an mir zu zweifeln. Trainiert?
Nach den anderthalb Stunden Quälerei - der Schweiß läuft in Strömen - ist noch nicht Schluss. Ich muss noch 45 Minuten laufen. Darauf freue ich mich eigentlich, das kann ja nur ein Spaziergang werden. Also laufe ich los. Au, tut das weh. Was bin ich schwach. Völlig ausgepumpt schleppe ich mich durch den strahlenden Sonnenschein.
Ich quäle mich. Meine Beine hängen wie Blei unter mir. 45 Minuten? Die schaffe ich grad so, mehr als sechs Kilometer werden es in dieser Zeit nicht. Völlig ausgepowert gehe ich unter die Dusche, danach mixe ich mir einen Eiweißshake - ordentlich nach Ernährungsplan - und würge ihn hinunter.
14 Tage lang? Ich glaubs noch nicht wirklich....
2. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Was für eine Erleichterung. Heute muss ich nicht das angeblich 45-Minuten dauernde Cardio-Sculpting-Programm absolvieren, sondern nur das Bodyshaping für Bauch und Rumpf. Das dauert laut Kirsch 15 Minuten. Bei mir werden locker 40 draus. Und die Übungen sind nicht ohne - es tut weh. Aber dafür habe ich sie nicht so lange zu ertragen. Ist ja auch was.
Gelaufen bin ich heute vorsichtshalber schon vorher. Ein Crosslauf über Stock und Stein und über holprige Weiden. Eigentlich sollte es ein gemütlicher Kurzlauf werden, doch ich habe den richtigen Weg verpasst. Naja. Das größte Problem bereitet mir der Ernährungsplan. Nicht wegen des Was. Ich lebe schon seit mehr als zwei Jahren kohlenhydratarm, davon die meiste Zeit sogar ketogen. Pasta, Brot und Pizza können mich also nicht reizen. Und Schokolade mache ich entweder selbst oder nehme ganz bittere.
Aber das Wie macht mir Kopfzerbrechen. Ich soll fünfmal am Tag etwas essen - wo ich sonst maximal zweimal am Tag esse. Ich soll nüchtern trainieren und die letzte Mahlzeit 19 Uhr nehmen. Ich weiß nicht, wo ich die ganzen Mahlzeiten hinverteilen soll. Ich schaffe es einfach nicht, vor neun aufzustehen. Vor elf bin ich mit dem Training nicht fertig. Dann gibts einen Shake, wo ich doch schon diesen und einen Snack hinter mir haben und stattdessen das Mittagessen verzehren sollte. Es läuft darauf hinaus, dass ich froh bin, einen Shake und zwei Mahlzeiten zu schaffen. Mehr geht nicht.
3. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Hunger! Ich habe von Essen geträumt. Essen in allen Varianten.
Hm, war das lecker. Ich versteh mich nicht. Es ist ewig her, dass ich Hunger hatte. Scheint ja zu klappen, die Stoffwechselankurbelei. Noch etwas anderes klappt besser - das Laufen. Trotz Muskelkaters komme ich besser voran, ich quäle mich nicht, als wäre ich das erste Mal in Laufschuhen unterwegs. Anstrengender als gewohnt ist es immer noch und eine gute Zeit habe ich nicht zu vermelden. Danach ist wieder das lange Cardiosculpting dran.
Seufzend mache ich mich ans Training, versuche, die Übungen korrekt zu machen. Nicht so einfach. Bei den einfachsten Dingen denke ich, mir fallen die Arme und Beine ab, zwischendrin verschnaufe ich in meiner Lieblingsstellung: mit dem Bauch auf dem Gymnastikball hängend. Natürlich schaffe ich das nicht in 45 Minuten. Diesmal brauche ich sogar 100 Minuten. Irgendwas mache ich falsch.
4. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Ganz falsch scheine ich es doch nicht zu machen. Ich habe mich mal spaßeshalber auf die Waage gestellt. Drei Kilo weniger. Ich bin beeindruckt. Nicht, dass das angesichts meines Anfangsgewichts viel ausmachen würde, aber wenn es so weitergeht, habe ich endlich einen Weg gefunden, meine Kilos für den anstehenden Marathonlauf zu reduzieren. Notfalls mache ich das Programm einfach so lange weiter, bis ich da angelangt bin. Ob das funktioniert?
Das Laufen fällt mir heute auch viel leichter, kann daran liegen, dass der Muskelkater sich ein anderes Opfer gesucht hat. Bei den Übungen stoße ich allerdings auf ein ganz neues Problem: Mein Medizinball ist zu groß.
So groß, dass ich eine Übung gar nicht und die andere nur mit Mühe und Not machen kann.
Der erste Mangel, den ich entdecke. Kirsch hat in seinem Buch zwar einen Ball mit einem Gewicht zwischen 1 und 4 Kilo empfohlen. Dass 28 Zentimeter Durchmesser aber eindeutig zu viel ist, hat er nicht geschrieben. Also bestelle ich mir übers Internet einen neuen. Diesmal 17 Zentimeter. Mal sehen, wie der sich macht.
5. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Das Laufen ist heute langweilig - jedenfalls in der einen Richtung. Auf dem Heimweg lauert der Gegenwind auf mich. Wahrscheinlich abgesprochen mit irgendwelchen Wettersadisten. Es könnte ja auch mal zur Abwechslung locker laufen. Zum Ausgleich sind heute nur die Bauch- und Rumpfübungen dran. Das schmerzt gemäßigt.
Mein großer Erfolg heute: Ich schaffe die Übungen tatsächlich in 16 Minuten statt in 40.
Die eingesparte Zeit nutze ich fürs Staubsaugen. Auf die Waage stelle ich mich nicht, ich will es nicht übertreiben. Was ich wirklich mag, ist mein Essen. Nicht der eher labberige Eiweißshake. Aber ich brutzele mir jetzt meist ohne Fett Zucchini, Tomaten, Pilze und Paprika und knalle mir auf dieses Gemüsebett Fisch. Gewürfelte Putenbrust ist auch gut. Schmeckt lecker und macht satt. Ich mache soviel, dass es für mittags und abends reicht.
Mit den eher exotischen Rezepten von David Kirsch kann ich wenig anfangen. Burger finde ich widerlich, auch wenn sie aus Spinat und Putenbrust hergestellt sind, und Fenchel kriege ich nicht runter. Da ich zu wissen glaube, worum es bei den Mahlzeiten geht, halte ich mich weitgehend an die Mengenangaben, kreiere aber lieber mein Gemüse mit Protein.
Es macht sich bezahlt, dass ich schon mehr als zwei Jahre lang kohlenhydratarm esse. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass das dem einen oder anderen Kohlenhydratjunkie wesentlich schwerer fällt. Insofern ist die Eingewöhnungsphase für Neulinge, die Kirsch vorschlägt, wirklich eine gute Idee.
6. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Heute ist mal eine andere Laufstrecke dran, meine Lieblingsstrecke, direkt an der Neiße entlang, zwischen dem schönen Kloster St. Marienthal und Hirschfelde. Hier gibt es keinen Gegenwind. Nur einen rauschenden Fluß, Müll am Ufer vom vergangenen Hochwasser, selten ein Radler, noch seltener ein Spaziergänger, dafür viele Vögel und weit und breit kein Auto. Es läuft sich auch gleich viel besser. Chris begleitet mich das erste Mal auf dem Klapprad, weil das besser ins Auto gepasst hat. Er fühlt sich nicht wohl darauf. Mindestens dreimal steigt er ab, um den Sattel zu verstellen. Nach etwa sieben Kilometer drehen wir wieder um und laufen zurück. Eigentlich sollte es gar nicht so weit werden, doch es hat uns dann doch beiden Spaß gemacht.
Der Rückweg hat es allerdings in sich.
Anfangs tröpfelt es nur, dann prasselt es plötzlich auf uns hernieder: Schneegraupel, Regen, die Temperatur sinkt fühlbar. Chris hat eiskalte Hände, ich habe Mühe, mich warm zu halten beim Laufen. Ich hätte eine Jacke übers Shirt ziehen sollen. Wir sind froh, als wir wieder beim Auto sind. Im warmen. Zu Hause wartet noch das Cardio Sculpting auf mich. Ich muss sagen, mir wird stellenweise richtig übel. Ein Zeichen dafür, dass ich ziemlich ausgepowert bin. Allerdings dürfte diesmal das Training weitgehend unschuldig sein. Der Kampf gegen das Erfrieren hat wohl weit mehr Energie gekostet. Mein Highlight heute: Ich mache mir die gefüllte Paprika. Lecker.
7. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Zehn Kilometer, mehr nicht, sage ich. Ich bin im Zwiespalt. Einerseits bin ich im Marathontraining, andererseits mache ich den New York Body Plan. Inzwischen sehe ich es aber gelassener, die Cardio-Einheiten sind eben etwas länger. Das macht nichts. Chris begleitet mich heute auf seinem normalen Rad. Er wirkt darauf wesentlich glücklicher. Mir fällt das Laufen heute leicht. Über Asphalt, Wald- und Wiesenwege laufen wir unsere Runde, am Ende sind es 12 Kilometer. Das Tempo stimmt. So schnell war ich noch nie auf so einer Strecke. Ich staune selbst über mich. Laut Trainingsplan von Greif müsste ich heute allerdings 20 Kilometer gemütlich laufen. Ich ignoriere das erstmal.
Ansonsten steht heute Gesäß- und Beintraining an, das mag ich eigentlich am liebsten, weil es nicht wirklich weh tut. Abends hat mich mein schlechtes Gewissen dann doch noch eingeholt. Greif hat mir eine Hintertür aufgelassen: "Es bekommt Dir sehr gut, wenn Du an den Sonntagen zweimal trainierst und zwar jeweils etwa 10 km morgens und abends." Also mache ich mich auf und laufe mit Philipp noch eine Runde. So kann ich endlich mal wieder in aller Ruhe mit meinem Sohn reden.
8. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Ich habe mir den zweiten Zeh des linken Fußes verstaucht. Bei einem Ausfallschritt. Ich bin nicht wie geplant auf der Sohle, sondern auf den Zehen gelandet. Jetzt ist er blau und geschwollen, schmerzt aber weniger als befürchtet. Ich mache mein Workout zu Ende, verzichte aber auf weitere Ausfallschritte. Gelaufen bin ich heute schon, so werde ich erst morgen merken, wie das mit der blauen Zehe funktioniert.
9. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Trotz gestauchter Zehe läuft es sich gut. Ich habe keine Schmerzen, also steht dem Training nichts im Wege. Das Workout ist heute für Bauch. Rumpf und Rücken und erstmals schaffe ich es in den veranschlagten 15 Minuten. Mit der Zeiteinteilung bei den Mahlzeiten komme ich nach wie vor nicht klar. Mehr als drei pro Tag werden es nicht.
10. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Na klasse. Ich habe einen Hexenschuss. So nennen Ärzte das. Ich nenne es Rückenschmerzen, die scheinbar noch schlimmer werden, wenn ich mich nicht bewege. Also bewege ich mich. Wenn ich mich nicht unbedingt in einem gewissen Winkel nach vorn beuge, funktioniert es sogar. Ich weiß auch, woher ich die Schmerzen habe. Nach meinem noch recht jungen Wissen über die Neue Medizin ist den Schmerzen ein kleiner zentraler Selbstwerteinbruch vorausgegangen, den ich jetzt gelöst haben muss. Habe ich tatsächlich. Mein Mann sagt mir sofort, was es war und er hat Recht. Aber cleverer wäre gewesen, ich hätte damit noch ein paar Tage gewartet...
11. Tag Der Ultimative New York Body Plan
Zu Beginn des Laufes schmerzt alles, nach etwa zwei Kilometern merke ich kaum noch etwas. Es klappt also sogar mit Rückenschmerzen. Unterwegs springt Chris die Fahrradkette vom Rad. Die Reparatur dauert. Da ich nicht allein die ganze Strecke laufen will, warte ich etwa 100 Meter voraus. Ich nutze die Zeit, um einen Mäusegang aufzubuddeln. Innerlich bitte ich Familie Maus um Entschuldigung, aber ich brauche etwas von ihnen. Nach nur 40 Zentimetern - gar nicht so tief - habe ich gefunden, was ich suche: ein kleines Büschel Mäusehaar. Das stecke ich mir in die Jackentasche. Zu Hause lege ich es in den Hummelkasten, ein bisschen schiebe ich in den Laufgang. Hummeln riechen das und wissen dann, hier kann man wohnen. Vielleicht klappt es ja in diesem Jahr mit der Ansiedlung von Hummeln.
12. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Die Schmerzen sind immer noch da, früh komme ich kaum aus dem Bett. Ich quäle mich dann trotzdem und schaffe es auch diesmal. Aber es ist wirklich streckenweise eine Schinderei. Ich grübele darüber nach, ob das so gesund ist.
13. Tag
Der Ultimative New York Body Plan
Ich breche das Programm ab. Zwei Tage früher als eigentlich veranschlagt, aber die Rückenschmerzen fordern ihren Tribut. Das ständige Laufen ist zu schmerzhaft. Um nicht ganz faul zu sein, mache ich den Hang im Garten rutschsicher. Ich baue Faschinen aus Weidenruten. Komisch - dabei merke ich den Rücken kaum. Dafür bemerke ich am Abend eine Hummelkönigin, die zielstrebig vor dem Eingang des Kastens landet und hineinkrabbelt. Sie scheint nicht zum ersten mal hier zu sein. 19 Uhr - das kann nur bedeuten, dass sie schlafen geht. Mein Hummelkasten ist besetzt!
Nach diesem Erfolgserlebnis entschließe ich mich zur Körpermessung und bin beeindruckt: Minus fünf Kilogramm Gewicht, minus 3 Zentimeter Brustumfang, minus 7 an der Taille, minus 6 an der Hüfte, minus 7 am Oberschenkel und minus 2 am Oberarm.
Fazit: Ich werde das Trainingsprogramm gleich nochmal durchzuziehen.
Sobald ich wieder richtig laufen kann...