Dallas
Motivationsvorturnerin
Das hier habe ich heute beim stöbern im Netz gefunden, spiegelt meine momentane Meinung über Ernährung sehr gut wieder:
Der Eiweiß-Effekt
02. August 2004 Was tun gegen Übergewicht? Über diese Frage wird zur Zeit ein Glaubenskrieg geführt. Wenig Fett und viele Kohlenhydrate sagen die einen; wenige Kohlenhydrate und viel Fett propagiert die Gegenseite. Eiweiß spielte in der Diskussion bisher kaum eine Rolle. In Deutschland beispielsweise liegt der Proteinanteil an der Nahrung seit Jahren konstant bei 13 Prozent. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt sogar noch weniger. Genau das sei falsch, meint der Insektenforscher David Raubenheimer von der Universität Auckland. Heuschrecken brachten ihn und seinen Oxforder Kollegen Stephen Simpson auf die Idee vom Protein-Hebel.
Herr Raubenheimer, seit Jahrzehnten glauben wir, daß zuviel Fett im Essen dick macht. In jüngster Zeit wird die Atkins-Diät mit viel Fett und wenigen Kohlenhydraten immer populärer. Warum hat sich bisher kaum jemand Gedanken über die Rolle von Proteinen bei Übergewicht gemacht?
Es erscheint einfach logisch, daß "Fettsein" von zuviel Fett kommt. Außerdem hat Protein einen eher geringen Anteil an unserer Energieaufnahme. Und die Aufnahme von Protein ist ziemlich konstant geblieben in den letzten dreißig Jahren, deshalb war es nicht verdächtig.
Sie sagen jetzt aber, Protein sei der Schlüssel zum Übergewichtsprolem?
Das klingt paradox, weil Protein so einen kleinen Anteil an der Nahrung hat. Aber gerade das ist der Grund. Wir haben für die drei Makronährstoffe - Protein, Kohlenhydrate und Fett - sozusagen drei verschiedene Appetite. Das ist sinnvoll, denn es ermöglicht uns, Defizite in der Nahrung zu erkennen und auszugleichen. Marathonläufer etwa verlangt es nach Kohlenhydraten, um schnell wieder an Energie zu kommen, Bodybuilder und Kinder nach Proteinen, die beim Muskelaufbau aus dem Blut abgezogen werden. Alles kein Problem bei einer ausgewogenen Ernährung, die die Bedürfnisse nach allen drei Makronährstoffen im richtigen Verhältnis befriedigt.
Auf die oft empfohlene kohlenhydratreiche Nahrung trifft das nicht unbedingt zu.
Bei einem Überangebot an Kohlenhydraten oder auch Fett spüren wir, auch wenn wir schon genug davon haben, weiter Appetit und essen weiter, was wir kriegen können, auch Fett und Zucker, weil der Proteinanteil noch nicht abgedeckt ist. Wir haben in Verhaltensexperimenten mit Menschen herausgefunden, daß diese Regulation zugunsten des Proteins dominiert.
Welcher physiologische Mechanismus liegt dem zugrunde?
Das wissen wir noch nicht. Es ist wohl etwas sehr Komplexes, was in unserem Gehirn stattfindet.
Wir holen uns auf jeden Fall so viel Protein, wie wir brauchen, und Kohlenhydrate und Fett reisen im Schlepptau?
Ja, und das Ergebnis ist: mehr Kalorien im Körper, die wir dann in Fettpolstern speichern. Gerade weil eine ausgewogene Ernährung nur etwa 15 Prozent Protein enthält, bedeutet das, daß schon ein geringfügig kleinerer Proteinanteil im Nahrungsangebot dazu führt, daß wir deutlich mehr Kalorien aufnehmen, bis der Protein-Appetit gestillt ist. Wir nennen das den "Protein-Hebel-Effekt".
Da ist wohl ein Beispiel nötig.
Gut. Nehmen wir an, in 100 Gramm einer ausgewogenen Mahlzeit sind 14 Gramm Protein und 60 Gramm Kohlenhydrate und Fett enthalten. Schraubt man dann den Proteinanteil auf sieben Gramm herunter, muß man nur sieben Gramm mehr Protein essen, um das wieder auszugleichen. Man verspeist dafür aber automatisch auch 60 Gramm mehr Fett und Kohlenhydrate. In diesem Fall nimmt man also etwa doppelt so viele Kalorien auf wie mit einer ausgewogenen Mahlzeit, bis der Protein-Appetit gestillt ist. Das ist der Hebel-Effekt, den wir meinen.
Wie sind Sie und Stephen Simpson auf diese Idee gekommen?
Das war Anfang der neunziger Jahre, als wir die Ernährungsregulation bei Heuschrecken untersuchten. Es zeigte sich, daß die bei einem Nahrungsangebot mit wenig Protein immer weiter fressen und auf diese Weise zu viele Kohlenhydrate aufnehmen. Übergewichtig werden sie trotzdem nicht, weil sie überschüssige Kohlenhydrate verbrennen können, indem sie ihre Stoffwechselrate erhöhen, ohne sich bewegen zu müssen. Menschen können das leider nicht.
Also spielt auch bei Ihrem Ansatz Bewegung eine wichtige Rolle?
Eine entscheidende. Es ist ja nicht nur so, daß wir Überschußenergie nicht einfach verbrennen können. Die meisten von uns verbringen den größten Teil des Tages sitzend. Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler, die auf der Nahrungssuche ständig in Bewegung waren. Stephen und ich glauben, daß wir als Erbe ein "eingebautes" Verlangen nach energiereichen Nahrungsmitteln wie Zucker und Stärke haben, weil man davon in der Natur nur wenig bekommt. Unser Appetit ist auf einen aktiven Lebensstil ausgerichtet. Die Überschüsse, die dieser Steinzeit-Appetit uns Büromenschen essen läßt, landen dann eben in Speichern, also Fettpolstern.
Sie sprechen immer von einer optimalen Ernährung, einer "balanced diet". Wie sieht die nun aus?
Da gibt es mit Sicherheit Unterschiede je nach Alter, Lebensstil, Geschlecht und so weiter. Evolutionsbiologisch gesehen ist eine ausgewogene Ernährung die, die dem Individuum zum bestmöglichen Fortpflanzungserfolg verhilft. Heute ist es eine Ernährung, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden maximiert. Was wir sagen können, ist: Wir sollten viel "mageres" Protein zu uns nehmen, also Fleisch mit geringem Fettanteil, oder auch Soja, um schnell satt zu sein. Vitamine und Antioxidantien sollten wir uns aus Obst und Gemüse mit geringem glykämischen Index holen, also aus Nahrungsmitteln, bei denen Stärke nur langsam in Zucker aufgespalten wird.
Bei der Atkins-Diät soll man so viel Fett essen, wie man will, und nur die Kohlenhydrate weglassen.
Da ist das Problem, daß man wahrscheinlich viel zuviel gesättigte Fettsäuren und zuwenig Vitamine zu sich nimmt, was - nach konventioneller Meinung - zu Herz- und sonstigen Krankheiten führt. Der Grund, warum Leute mit Atkins abnehmen, liegt auch gar nicht beim Fett, sondern im automatisch hohen Proteinanteil solcher Diäten. Die Protein-Sättigung setzt früh ein, und weil die Proteinregulation über Fett- und Kohlenhydrat-Regulation dominiert, fühlen wir uns insgesamt satt und nehmen weniger Kalorien zu uns.
Werden Sie jetzt Diät-Guru?
Steve Simpson und ich sind Wissenschaftler. Wir interessieren uns vor allem für die Evolutionsmechanismen hinter dem Ernährungsverhalten von Tieren und Menschen. Da arbeiten wir gerade an einem Buch. Aber der Protein-Hebel-Effekt ist unserer Meinung nach entscheidend, wenn man Strategien gegen die Übergewichtsepidemie entwickeln will.
Die Fragen stellte Richard Friebe
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.08.2004, Nr. 31 / Seite 50
Der Eiweiß-Effekt
02. August 2004 Was tun gegen Übergewicht? Über diese Frage wird zur Zeit ein Glaubenskrieg geführt. Wenig Fett und viele Kohlenhydrate sagen die einen; wenige Kohlenhydrate und viel Fett propagiert die Gegenseite. Eiweiß spielte in der Diskussion bisher kaum eine Rolle. In Deutschland beispielsweise liegt der Proteinanteil an der Nahrung seit Jahren konstant bei 13 Prozent. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt sogar noch weniger. Genau das sei falsch, meint der Insektenforscher David Raubenheimer von der Universität Auckland. Heuschrecken brachten ihn und seinen Oxforder Kollegen Stephen Simpson auf die Idee vom Protein-Hebel.
Herr Raubenheimer, seit Jahrzehnten glauben wir, daß zuviel Fett im Essen dick macht. In jüngster Zeit wird die Atkins-Diät mit viel Fett und wenigen Kohlenhydraten immer populärer. Warum hat sich bisher kaum jemand Gedanken über die Rolle von Proteinen bei Übergewicht gemacht?
Es erscheint einfach logisch, daß "Fettsein" von zuviel Fett kommt. Außerdem hat Protein einen eher geringen Anteil an unserer Energieaufnahme. Und die Aufnahme von Protein ist ziemlich konstant geblieben in den letzten dreißig Jahren, deshalb war es nicht verdächtig.
Sie sagen jetzt aber, Protein sei der Schlüssel zum Übergewichtsprolem?
Das klingt paradox, weil Protein so einen kleinen Anteil an der Nahrung hat. Aber gerade das ist der Grund. Wir haben für die drei Makronährstoffe - Protein, Kohlenhydrate und Fett - sozusagen drei verschiedene Appetite. Das ist sinnvoll, denn es ermöglicht uns, Defizite in der Nahrung zu erkennen und auszugleichen. Marathonläufer etwa verlangt es nach Kohlenhydraten, um schnell wieder an Energie zu kommen, Bodybuilder und Kinder nach Proteinen, die beim Muskelaufbau aus dem Blut abgezogen werden. Alles kein Problem bei einer ausgewogenen Ernährung, die die Bedürfnisse nach allen drei Makronährstoffen im richtigen Verhältnis befriedigt.
Auf die oft empfohlene kohlenhydratreiche Nahrung trifft das nicht unbedingt zu.
Bei einem Überangebot an Kohlenhydraten oder auch Fett spüren wir, auch wenn wir schon genug davon haben, weiter Appetit und essen weiter, was wir kriegen können, auch Fett und Zucker, weil der Proteinanteil noch nicht abgedeckt ist. Wir haben in Verhaltensexperimenten mit Menschen herausgefunden, daß diese Regulation zugunsten des Proteins dominiert.
Welcher physiologische Mechanismus liegt dem zugrunde?
Das wissen wir noch nicht. Es ist wohl etwas sehr Komplexes, was in unserem Gehirn stattfindet.
Wir holen uns auf jeden Fall so viel Protein, wie wir brauchen, und Kohlenhydrate und Fett reisen im Schlepptau?
Ja, und das Ergebnis ist: mehr Kalorien im Körper, die wir dann in Fettpolstern speichern. Gerade weil eine ausgewogene Ernährung nur etwa 15 Prozent Protein enthält, bedeutet das, daß schon ein geringfügig kleinerer Proteinanteil im Nahrungsangebot dazu führt, daß wir deutlich mehr Kalorien aufnehmen, bis der Protein-Appetit gestillt ist. Wir nennen das den "Protein-Hebel-Effekt".
Da ist wohl ein Beispiel nötig.
Gut. Nehmen wir an, in 100 Gramm einer ausgewogenen Mahlzeit sind 14 Gramm Protein und 60 Gramm Kohlenhydrate und Fett enthalten. Schraubt man dann den Proteinanteil auf sieben Gramm herunter, muß man nur sieben Gramm mehr Protein essen, um das wieder auszugleichen. Man verspeist dafür aber automatisch auch 60 Gramm mehr Fett und Kohlenhydrate. In diesem Fall nimmt man also etwa doppelt so viele Kalorien auf wie mit einer ausgewogenen Mahlzeit, bis der Protein-Appetit gestillt ist. Das ist der Hebel-Effekt, den wir meinen.
Wie sind Sie und Stephen Simpson auf diese Idee gekommen?
Das war Anfang der neunziger Jahre, als wir die Ernährungsregulation bei Heuschrecken untersuchten. Es zeigte sich, daß die bei einem Nahrungsangebot mit wenig Protein immer weiter fressen und auf diese Weise zu viele Kohlenhydrate aufnehmen. Übergewichtig werden sie trotzdem nicht, weil sie überschüssige Kohlenhydrate verbrennen können, indem sie ihre Stoffwechselrate erhöhen, ohne sich bewegen zu müssen. Menschen können das leider nicht.
Also spielt auch bei Ihrem Ansatz Bewegung eine wichtige Rolle?
Eine entscheidende. Es ist ja nicht nur so, daß wir Überschußenergie nicht einfach verbrennen können. Die meisten von uns verbringen den größten Teil des Tages sitzend. Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler, die auf der Nahrungssuche ständig in Bewegung waren. Stephen und ich glauben, daß wir als Erbe ein "eingebautes" Verlangen nach energiereichen Nahrungsmitteln wie Zucker und Stärke haben, weil man davon in der Natur nur wenig bekommt. Unser Appetit ist auf einen aktiven Lebensstil ausgerichtet. Die Überschüsse, die dieser Steinzeit-Appetit uns Büromenschen essen läßt, landen dann eben in Speichern, also Fettpolstern.
Sie sprechen immer von einer optimalen Ernährung, einer "balanced diet". Wie sieht die nun aus?
Da gibt es mit Sicherheit Unterschiede je nach Alter, Lebensstil, Geschlecht und so weiter. Evolutionsbiologisch gesehen ist eine ausgewogene Ernährung die, die dem Individuum zum bestmöglichen Fortpflanzungserfolg verhilft. Heute ist es eine Ernährung, die unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden maximiert. Was wir sagen können, ist: Wir sollten viel "mageres" Protein zu uns nehmen, also Fleisch mit geringem Fettanteil, oder auch Soja, um schnell satt zu sein. Vitamine und Antioxidantien sollten wir uns aus Obst und Gemüse mit geringem glykämischen Index holen, also aus Nahrungsmitteln, bei denen Stärke nur langsam in Zucker aufgespalten wird.
Bei der Atkins-Diät soll man so viel Fett essen, wie man will, und nur die Kohlenhydrate weglassen.
Da ist das Problem, daß man wahrscheinlich viel zuviel gesättigte Fettsäuren und zuwenig Vitamine zu sich nimmt, was - nach konventioneller Meinung - zu Herz- und sonstigen Krankheiten führt. Der Grund, warum Leute mit Atkins abnehmen, liegt auch gar nicht beim Fett, sondern im automatisch hohen Proteinanteil solcher Diäten. Die Protein-Sättigung setzt früh ein, und weil die Proteinregulation über Fett- und Kohlenhydrat-Regulation dominiert, fühlen wir uns insgesamt satt und nehmen weniger Kalorien zu uns.
Werden Sie jetzt Diät-Guru?
Steve Simpson und ich sind Wissenschaftler. Wir interessieren uns vor allem für die Evolutionsmechanismen hinter dem Ernährungsverhalten von Tieren und Menschen. Da arbeiten wir gerade an einem Buch. Aber der Protein-Hebel-Effekt ist unserer Meinung nach entscheidend, wenn man Strategien gegen die Übergewichtsepidemie entwickeln will.
Die Fragen stellte Richard Friebe
Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 01.08.2004, Nr. 31 / Seite 50