Das Thema Kirche hab ich hier noch nie so richtig angesprochen.
Ich war ja wie schon mal geschrieben in einem Internat in Bendorf-Sayn.
Genauer gesagt nannte es sich Knabenheim Kemperhof der Salesianer Don Bosco.
Kleines Internat, fünf Klassen, Hauptschule, ca. 100 Jungs.
Verteilt auf 5 Gruppen in denen auch jeweils zwei Priester, Priesteranwärter oder Ordensbrüder schliefen.
10. Klasse machte man dann in Bendorf in der Hauptschule.
Eigentlich war das alles nicht so schlecht wären da nicht diese Zwänge gewesen.
Ich war damals schon Stubenhocker und hatte mit Gleichaltrigen nicht viel am Hut.
Jüngere und ältere klappte gut.
Da meine Mutter aber nicht mehr wollte das ich den Einsiedler spiele wurde ich halt ins Internat gesteckt, weil ich dort dazu gezwungen wurde mich mit gleichaltrigen auseinander zu setzen.
Bevor ich ins Internat kam war ich Messdiener und hatte ein ziemlich gutes Verhältnis zu meinem Pfarrer bzw seinem Kaplan der uns ausgebildet hat.
Dieser Pfarrer hatte auch meinen Vater beerdigt und der Kaplan war ein Betrüger wie sich später mal rausstellte, der hatte seine Unterlagen gefälscht, evtl war er deswegen so "cool".
Ich hatte vor dem Internat Spaß an Religion aber im Internat wurde es zum Zwang.
Religion und Kirchenbesuche wurden Pflicht und das störte mich schnell. Ethikunterricht gab es nicht.
Anfangs war ich auch im Internat Messdiener und half hier und dort aus.
Schwänzte man die Messen während der Woche wurde man ermahnt oder bestraft.
Aber iwann wollte ich mir diese Bevormundung und diesen Zwang nicht mehr gefallen lassen und rebellierte.
Kurz gesagt ne Bibel aufm Schulhof zu verbrennen war nicht die klügste Idee und nicht mein erstes Vergehen aber mein letztes.
Ich sollte mich entscheiden zwischen der 10. Klasse in Bedorf und dem Leben im Internat mit seinen altertümlichen Regeln.
Also wählte ich das ich das Internat verlasse um zuhause meine mittlere Reife zu machen.
In meinem letzten Jahr im Internat hatte uns unser Gruppenleiter verlassen.
Er musste wegen irgendwas weg und uns hat niemals jemand gesagt warum.
Meine Fresse waren wir am Boden zerstört und haben rumgeflennt.
Er war sone Art Vaterersatz, wir saßen mit unseren Schlafanzügen auf seinem Schoß und wir waren so blind.
Es gab einen Jungen unter uns der war auffällig aber wir waren alle iwie Problemkinder also dachten wir uns nicht so viel dabei denn jeder schleppte sein Päckchen mit sich herum.
Ich war von 1989-1991 dort. Hier ein Link der es etwas genauer erklärt.
LINK
Die letzten beiden Abschnitte beziehen sich auf meine Zeit im Internat.
Derjenige der sieben Jahre bekam war mein Gruppenleiter, der andere der drei Jahre absitzen durfte arbeitete danach wieder voll rehabilitiert mit Kindern im Kölner Raum.
Was aus meinem Gruppenleiter wurde wusste ich bis vor kurzem nicht.
Eines Tages stand wohl die Polizei bei meiner Mutter vor der Tür und fragte sie ob ich in den Jahren iwie auffällig gewesen wäre oder mal iwas angedeutet hätte.
Das war aber nicht der Fall, wir haben es alle nicht gesehn und es passierte direkt vor unseren Augen.
Sie hat mir erst 1995/96 davon erzählt und über Ehemalige die bei der Polizei arbeiteten erführen wir alle dann die ganze Geschichte.
Ich verstehe das wenn mir jemand sagt das es sich hier um Einzelfälle handelt und man daher nicht alle anprangern kann aber das ganze hatte ne lange Tradition in diesem Verein und es wunderte die ganz alten Ehemaligen überhaupt nicht weil es gab da in den 70er Jahren schon solche Geschichten.
Aber ich kann nicht über meinen Schatten springen und halte vieles in der katholischen Kirche auch für total überholt und weltfremd.
Ich kann diesen Verein einfach nicht unterstützen oder gutheißen. Nicht in der Form in der er aktuell existiert auch wenn er viel gutes tut.
Die Eltern liefen schon früh Sturm und pochten darauf das es auch externe (weibliche) Erzieher im Internat geben soll, genauso wie externe (weibliche) Lehrer.
Einige Jahre vor meiner Zeit dort war alles in fester Hand der Brüder, Schule, Internat, Küche, einfach alles.
Einige Zeit später wurde das ganze halt öffentlich und die Eltern holten ihre Kinder nachhause, damit war das Internat 1999 dann Geschichte weil sich der negative Ruf nicht mehr negieren lies und viele externe Mitarbeiter verloren ihre Jobs.
Ich will nicht sagen das ich total ungläubig bin dafür hab ich die Gehirnwäsche viel zu lange mitgemacht und das bekommste unterbewusst niemals ganz raus.
Ich sehe mich hier aber nicht als Opfer denn ich hatte ja Glück, passte wohl nicht ins Beuteschema.
Aber es wurmt mich total das wir das nicht gesehn haben obwohl es vor unseren Augen über Jahre passierte und ich in diesem Mann sowas wie einen Vaterersatz sah.
Meine Zeit im Bistum Trier selbst war auch alles andere als unschön und klar gab es dort sone Art Anwesenheitspflicht bei Feierlichkeiten aber kein Vergleich zu meiner Zeit im Internat.
Vor ein paar Jahren lief er mir dann ein vertrautes Gesicht in Rom in der Nähe des Vatikans, bei einem meiner Botengänge über den Weg.
Er war damals der Koordinator verschiedener Sozialeinrichtungen im Rahmen des Kinder- und Jugendschutzes unter anderem auch hier bei uns in Trier sowie bei mir im Internat in Bendorf.
Da kamen wir halt ins Gespräch und er erklärte mir was da damals abgelaufen ist nach Aussage der Aktenlage. Das war harter Tobak und viel schlimmer als ich es mir vorgestellt hatte.
Er ist aber auch das Gegenbeispiel, er war immer eine scheinbar ehrliche Haut, schlicht und bescheiden und mit Leib und Seele Salesianer und dem Kinder- und Jugendschutz verpflichtet.
Aber wie gesagt ich hatte vorher schon mit dem Thema abgeschlossen und ausser auf ein paar Beerdigungen war ich zwischen 1992 und 2015 in keiner Kirche mehr. Zumindest nicht zur Messe. Ich hab mir halt Kirchen als Tourist angeschaut bzw bekam als Paketbimbo ja exklusive Führungen.
Meine Mutter hatte ebenfalls nix mit der Kirche am Hut, hatte die gleiche Einstellung wie ich oder vielleicht habe ich ihre Einstellung. Allerdings war sie nicht ungläubig nur fehlte das Vertrauen in irgendeine Religionsgemeinschaft, sie war auf ihre Art gläubig aber ich weiß nicht wie genau weil wir hatten nie Religion als Gesprächsthemen.
Der Rest der Familie ist auch größtenteils ausgetreten aber eher aus finanziellen Gründen. Wir hatten das Thema am Montag noch beim Bestatter warum denn meine Mutter nicht in der Kirche war, da meinte mein Onkel auch nur das er gerne drin geblieben wäre aber sie sind einfach zu geizig. Was die sich da abzwacken mit ihrer Kirchensteuer scheint erheblich zu sein bei Selbstständigen.
Er hat aber keine Summe genannt.
Erst dachten wir ja das wir Mutti gar nicht auf dem Dorffriedhof beerdigen dürften weil sie ja kein Kirchenmitglied war aber das hat sich scheinbar geändert.
Scheinbar bekommen sie ihre Friedhöfe nicht mehr voll wenn sie nur Mitglieder nehmen denn es sind bei uns so unsagbar viele ausgetreten.
Wenn nicht grade ein Feiertag ist, bleiben die Kirchen meistens schlecht besucht, wir sind ja nicht in Bayern. Hab gehört da wären die Kirchen noch recht voll.