Wir waren heute beim Bestatter.
Es fühlte sich an wie ne Verkaufsorgie obwohl die Dame nett war.
Stammbuch, Personalausweis, Rentenversicherungsnummer etc mitbringen, die regeln alles weitere, melden sie überall ab.
Urne aussuchen (weiße Urne mit rosanen Orchideen), Sarg aussuchen (schlichter Fichtensarg wird ja ehh verbrannt), Grabstelle aussuchen (Wiesengrab 100x60 mit Steinplatte für 15 Jahre), Todesanzeige aufsetzen und festlegen wann sie veröffentlicht werden soll (ein paar Tage nach der Beerdigung).
Die Beerdigung ist dann zwischen Weihnachten und Neujahr, wir kennen das genaue Datum selbst noch nicht.
Gar nicht so einfach bei meiner Mutter, sie wurde wegen der vielen Schmerzen der letzten Jahre und dem sinnlosen Weg von einem Arzt zum anderen immer zickiger.
Sie brach ihre Kontakte ab, wurde einsam, verfiel dem Alkohol und wurde langsam fett und war so wahnsinnig stolz auch sich als sie letztes Jahr mit Yokebe 17 KG abgespeckt hat und es halten konnte. Sie wurde immer mehr wie ich und konnte mich daher auch viel besser verstehn.
Letztendlich total negativ aber für sie und mich iwie positiv. Manches kann man wohl erst verstehn wenn man es selbst durchlebt.
Okay, sie war aktiver als ich, hielt wenigstens zu einer Hand voll Leuten manchmal Kontakt, unternahm viel mit ihrer Mutter, trieb Sport trotz der Schmerzen aber wie einsam sie wirklich war weiß ich erst jetzt.
Ihr USB-Stick, da sind lauter Benutzernamen von Dating-Seiten drauf, in ihrem Emailkonto lauter Benachrichtigungen von anderen Singles. Gesagt hat sie mir das nie.
Heute Morgen wurde ich etwas verwirrt und habe versucht mir das schön oder unschön zu reden.
Ich hatte die letzten Monate immer das Gefühl das sie sich von mir distanzierte, sie ließ mich nicht mehr an sich ran.
Einerseits okay, es war ja Quarantäne, ich hätte sie mit iwas anstecken können aber ich weiß nicht mehr wann ich sie das letzte Mal berührt habe ausser an dem Tag an dem sie starb.
Als sie vor mir im Bett lag zog sie mehrmals ihre Hand weg als wolle sie immer noch nicht das ich sie berühre. Ich war mir aber nicht sicher ob sie wirklich wusste das ich es bin und ob es nicht nur ein Reflex war.
Ich habe am Samstag ihr Handy mitgenommen und wollte heute morgen noch mal ihre Stimme hören und rief dann auf ihrem Handy an und der Klingelton haute mich aus den Socken.
Ich hab ihren ganzen Bekanntenkreis im Handy durchforstet, sie gab nur mir einen eigenen Klingelton.
Nicht sehr schmeichelhaft.
Ich weiß immer noch nicht was ich davon halten soll. Alle die ich befragt haben waren gleichermaßen erschrocken und konnten oder wollten mir nichts negatives sagen.
Sie wäre bloß wütend auf mich gewesen weil ich immer noch nicht den Führerschein machen wollte hätte aber sonst nur positiv von mir gesprochen.
Aber es ergab plötzlich alles einen Sinn, sie kapselte sich ab, sie wollte nicht mehr das ich sie anfasse. Ich weiß nicht mehr was ich denken soll.
Ich bin halt nicht unbedingt das was man sich als Sohn wünscht.
Keinen Job, keine Beziehungen, keine Enkel die sie sich immer gewünscht hat, kaum Feunde, keine Zukunft und das Selbstvertrauen einer Erbse.
Wenn ich nicht iwann mal in Bewegung komme ende ich schlimmer als sie denn ich werde scheinbar der letzte in meiner Familie sein.
Alle anderen die ich zu meiner Familie zähle sind todkrank oder Ü80 und machen es sicher nicht mehr lange.
Und ich werde grade zum Hypochonder. Wenn meine Mutter schon jahrelang mit Schmerzen zum Arzt rennt und keiner die Ursache findet was ist dann mit mir ?
Es tut immer mal wieder iwo weh und ich ignoriere das, ich mache nix für meine Gesundheit und der Wille abzunehmen schwindet in der letzten Zeit merklich.
Denn eigentlich tat ich das nicht für mich sondern für meine Mutter aber je kränker sie wurde und je aussichtsloser es wurde desto schwieriger war es für mich das alles aufrecht zu erhalten.
Ich habe das eben schon mal jemandem erklärt der iwie zur Verwandschaft gehört und ein Art Priester in seiner Gemeinde der Neuapostolischen Kirche darstellt.
Ich wurde zwar katholisch erzogen und bin daher geprägt aber der Kirche selber glaube ich kein Wort.
Die sind auch nur wirtschaftlich orientiert und wie das mit der Werbung so ist, die generieren nur Profit und verkaufen dir ein Leben nach diesem hier.
Ich glaube nicht das es nach dieser Welt noch eine andere gibt, ich habe nur diese einmalige Chance erhalten um auf dieser Welt meinen Fußabdruck zu hinterlassen und das hab ich die letzten 40 Jahre eher versaut weil ich so absolut garnix gebacken bekomme. Hier nach kommt nichts mehr. Man lebt nur noch in der Erinnerung seiner Nachkommen weiter oder wird als positiver oder negativer Teil der Weltgeschichte gewürdigt.
Und schon sind wir wieder beim Selbstmitleid denn ich werde wohl der letzte meiner Familie sein. Keiner wird an mich denken und wenn dann nur um sich kaputt zu lachen.
Ich weiß noch nicht was ich mit meiner Zukunft anfangen soll.
Ich weiß nur das ich was verändern muss.
Anfangs wollte ich Deutschland verlassen und mein Glück in der Ferne suchen aber ich glaube das würde ein Griff in den Klo werden.
Einerseits bin ich zu ängstlich weil in Deutschland gehts mir ja gut, andererseits ist es auch eine Art Käfig.
Jetzt habe ich mir und ich kenne diese Seiten nicht erst seit heute, ich hab mich schon vor Jahren dafür interessiert aber ich passe da halt mMn auch nicht so richtig rein.
Aber solche Projekte wie
http://www.zegg.de/de/ oder
http://www.siebenlinden.de/ interessieren mich.
Ich fühlte mich im Internat oder in Rehas immer sehr wohl mit all den Menschen um mich herum. Ich musste mich nie verstellen, dürfte sein wie ich wollte und es nahm mir keiner krumm.
Das Gefühl hab ich nicht wenn ich mir mein Umfeld so angeschaut habe. Es ist das alte Spiel, über den der grade nicht anwesend ist wird gelästert und ich lästere gleich mit.
Leider sind mir die Leute da evtl etwas zu spirituell veranlagt und das liegt mir mMn nicht.
Somit ist es nicht genau das passende, ausserdem frage ich mich andauernd wie ich mich dort beteiligen könnte, ich komm ja kaum aus der Wohnung ohne Schmerzen oder muss sehr langsam gehn, dann müssen wieder alle auf mich warten und ich bin unzufrieden mit dieser Extrawurst aber ich kann es vielleicht nicht mehr ändern. Bypässe sind halt alle dicht und ne erneute OP nach mehr als 15 Jahren ist riskant.
Aber iwo in soner Komune leben und sich einbringen, quasi für sich selbst und die Gemeinschaft und nicht für andere arbeiten um deren Ex-Frauen zu finanzieren, Aufgaben in der Gemeinschaft übernehmen und immer so viele Leute um mich rum haben wie es mir oder denen gefällt.
Vielleicht stelle ich mir das aber auch alles schöner vor als es ist. Ich weiß auch nicht ob das wirklich das wahre ist, im Internat musste man sich auch nie Freunde suchen, sie waren einfach da, egal ob man wollte oder nicht.