Schaufensterpuppen ändern im Laufe der Zeit ihre Maße
„ Bis 1950 hätten sie ihre Tage noch gekriegt. Danach sind ihre Ärmchen und Beinchen immer dünner geworden. So dünn, dass sie im wirklichen Leben – ganz wie KZ-Insass- innen – unfruchtbar wären.
Das haben finnische Forscher wissenschaftlich nachgewiesen. In ihrer Studie „ Können Schaufensterpuppen menstruieren?“ haben die Finnen Schaufensterpuppen aus den letzten 80 Jahren verglichen und ihren „Fettanteil“ berechnet. Bis 1950 entsprach er noch dem einer gesunden Frau, danach ist er kontinuierlich gesunken. Bei den heutigen Puppen liegt er so niedrig, dass keinerlei normale Körperfunktionen mehr möglich wären. Nur eins klappt bei den Plastikschwestern noch: Die Sachen von der H&M - Stange passen. Aber uns auch?“
- „... dieses Hohensteiner Institut [ ein Textilforschungsinstitut, Anm. d. Autorin ] hat noch eine andere, höchst interessante Information auf Lager: Die deutschen Frauen wachsen unaufhaltsam in die Höhe und in die Breite. Das Institut vermisst die Körper seit den 60er Jahren alle zehn Jahre repräsentativ und hat bei seiner letzten Messung 1995 konstatiert: 1970 maß die Durchschnittsfrau 162 Zentimeter, 195 waren es immerhin schon knapp 165 Zentimeter. Der durchschnittliche weibliche Hüftumfang betrug 1981 noch rund 98 Zentimeter, lag bei er letzten Messung 1995 aber schon bei 101 Zentimeter. Die weibliche Taille erweiterte sich von 78 auf 81, und die Brust von 94 auf 96 Zentimeter. Passt nun die Modeindustrie ihre Kleidung an die sich verändernden Frauenkörper an? Ja und Nein. Denn die Modebranche misst mit zweierlei Maß. Für die älteren Kundinnen sind die Größen praktisch mitgewachsen, die jüngeren müssen sich ins Modische reinhungern“
- Jede dritte normalsterbliche Frau trägt laut Hohensteiner Institut Größe 42-44, jede zehnte 46. Sie alle haben laut Modedefinition „Problemzonen“, sind „zu dick“ und wären bei H&M eine Kandidatin für die Big is Beautiful – Abteilung“
- „Produziert wird nicht das, was Frauen wollen, sondern das, was Frauen nach dem Willen der Modeindustrie wollen sollen. Folgerichtig hängt auch nicht das in den Läden, was Frauen passt, sondern das, was ihnen nach dem Willen der Modeindustrie passen soll“
- „ „Die Designer bestimmen, wie die Zielgruppe auszusehen hat. Da gibt es dann spezielle Größentabellen für die junge Kundschaft. Diese Häuser arbeiten extrem körpernah“ [ Frau Vogt, eine Modeberaterin, Anm. d. Autorin ]
Körpernah? Eher körperfeindlich. Und das in einer Lebensphase in der das Wachstum durch (zu) wenig Essen durchaus noch beeinflusst werden kann. Es verwundert daher nicht, dass die modischen jungen Kundinnen keinesfalls gewichtiger, sondern dünner geworden sind. Das beobachtet auch Frau Vogt seit sieben Jahren: „Die Mädchen sind schlanker und extrem körperbewusst geworden“
Weil essgestört. Schon unter den sieben- bis zehnjährigen Mädchen macht jede Vierte Diäten, bei den bis 15-jährigen sogar jede Zweite! 90 % der weiblichen Teenager wollen abnehmen, 75 % finden ein Gewicht unterhalb des Normalgewichts am „attraktivsten“, meldet alarmiert das Münchner „Therapiezentrum für Essstörungen“. Das Problem hat also epidemische Ausmaße.“
( alles zitiert nach „EMMA“ , März/April 2002; Leitartikel: „Ich will so bleiben wie ich bin!“ )