SonjaLena
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Voraussetzung für die Bildung von Kristallen im Urin ist die Überschreitung des Löslichkeitsprodukts durch eine pathologische Harnkomposition oder eine unzureichende Harndilution. Die Steigerung der Flüssigkeitszufuhr und somit des Harnvolumens gilt daher als vorrangiges Ziel der Rezidivprophylaxe und stellt für alle Steinpatienten unabhängig von der Steinart eine einfache und gleichzeitig wirkungsvolle alimentäre Maßnahme dar. Die Diuresesteigerung führt darüber hinaus zu einer verstärkten Durchspülung der harnableitenden Wege und damit zu einer Verkürzung der Transitzeit des Harns, wodurch Kristallbildung und -wachstum erschwert und pathogene Keime infolge von Harnwegsinfektionen ausgespült werden (24). Zur Vermeidung von Konzentrationsspitzen sollte die Flüssigkeitszufuhr möglichst gleichmäßig über Tag und Nacht, das heißt über 24 Stunden, verteilt werden. Der Harn ist ausreichend verdünnt, wenn täglich ein Volumen von mindestens zwei Litern gebildet wird (7). Bei durchschnittlicher körperlicher Betätigung und in gemäßigtem Klima ist dafür eine Flüssigkeitszufuhr von zirka zwei bis drei Litern pro Tag notwendig.
Die relative Übersättigung und damit das Steinbildungsrisiko für Kalziumoxalat, Brushit und Harnsäure war vor der Studie deutlich höher als in der gesunden Kontrollgruppe. Während des Studienzeitraums sanken die relativen Übersättigungen für diese Steinkomponenten nur in der Gruppe mit der hohen Flüssigkeitszufuhr signifikant ab. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, daß ein geringes Harnvolumen einen wesentlichen Risikofaktor für die Steinbildung darstellt und eine hohe Flüssigkeitszufuhr einen zentralen Stellenwert im Rahmen der rezidivprophylaktischen Therapie der Urolithiasis einnimmt.
Für die Löslichkeit lithogener Harnkomponenten ist neben dem Harnvolumen auch der Harn-pH-Wert und die Konzentration der inhibitorischen Substanzen von Bedeutung. Bei der Auswahl der Flüssigkeit ist daher auf die Zusammensetzung und die Art der Getränke zu achten, da hiermit ein erheblicher Einfluß auf den pH-Wert und die quantitative Zusammensetzung des Harns genommen werden kann. Je nach Steinart muß eine unterschiedliche Auswahl an geeigneten Getränken zur unterstützenden Therapie in der Rezidivprophylaxe getroffen werden, die nachfolgend vorgestellt wird.
Harnalkalisierende Getränke
Zur Therapie des Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinleidens besonders geeignet sind harnalkalisierende Getränke. In eigenen Untersuchungen konnte nach Verabreichung eines bikarbonatreichen Heilwassers ein therapeutischer Einfluß auf das Kalziumoxalat- und Harnsäuresteinleiden nachgewiesen werden. Unter standardisierten Ernährungsbedingungen erhielten 24 gesunde Probanden 2,5 Liter Flüssigkeit, davon zwei Liter Heilwasser, kontinuierlich über den Tag verteilt. Der Effekt des Heilwassers wurde im volumenäquivalenten Austausch gegen einen harnneutralen Früchtetee getestet.
Nach Aufnahme des Heilwassers stieg der pH-Wert im 24-Stunden-Harn statistisch signifikant von 6,06 (Kontrolltag) auf 6,68 (Belastungstag) an (Grafik 2); analog kam es nach Zufuhr des Heilwassers zu einem signifikanten Anstieg der Zitronensäureausscheidung im 24-Stunden-Harn. Die Ergebnisse der Studie bestätigen frühere Untersuchungen mit bikarbonatreichen Mineralwässern (2, 17). Durch die Zufuhr des Heilwassers wird ein pH-Wert erreicht, bei dem Harnsäure nicht auskristallisiert beziehungsweise Kristalle wieder in Lösung gehen (16), so daß allein durch die Aufnahme des bikarbonatreichen Wassers ein therapeutischer Erfolg beim Harnsäuresteinleiden erzielt wird. Darüber hinaus führte die Alkalisierung des Harns und die resultierende erhöhte Zitronensäureausscheidung auch zu einer signifikanten Senkung des Steinbildungsrisikos für Kalziumoxalat (Grafik 3).
Harnalkalisierend mit konsekutiv erhöhter Zitratausscheidung wirken auch Zitrusfrüchte sowie daraus gewonnene Säfte (Grapefruit-, Orangen-, Zitronensaft). Dieser Effekt beruht auf organischen Säuren (zum Beispiel Zitronensäure), die in diesen Früchten vermehrt enthalten sind und die durch die Metabolisierung zu Bikarbonat für die Alkalisierung verantwortlich sind. Die Senkung des Steinbildungsrisikos für Harnsäure und Kalziumoxalat durch Zitrusfruchtsäfte wurde durch verschiedene Studien unter Verwendung von Orangensaft (24, 37) belegt. Bei der Zufuhrempfehlung muß jedoch der Kaloriengehalt der Fruchtsäfte beachtet werden. Daher sollten Fruchtsäfte möglichst mit einem geeigneten Mineral- oder Heilwasser verdünnt und nicht in übermäßigen Mengen getrunken werden.
So führt bereits der Verzehr von 150 g Leber zu einem signifikanten Anstieg der Harnsäureausscheidung im Urin um 32 Prozent (19) (Grafik 6). Neben Innereien zählen einige Fischarten (Sardinen, Sardellen, Heringe, Makrelen) sowie die Haut von Fisch und Geflügel zu den purinreichen Lebensmitteln.
Eine erhöhte Oxalsäureausscheidung im Urin ist einer der Hauptrisikofaktoren für die Bildung von Kalziumoxalatsteinen. Zirka zehn Prozent der Oxalsäure im Harn stammen aus der intestinalen Absorption von alimentär zugeführter Oxalsäure und zirka 90 Prozent aus der endogenen Biosynthese des Oxalats aus verschiedenen Vorläufern. Bisher gibt es kein effektives Mittel zur Beeinflussung der endogenen Oxalatproduktion.
Dagegen kann der Umfang der Oxalsäureausscheidung durch eine Reduktion des Oxalsäureangebotes mit der Nahrung erheblich verringert werden, obwohl nur etwa fünf Prozent der exogen aufgenommenen Oxalsäure absorbiert wird. In eigenen Studien wurde nach alimentärer Belastung von gesunden Testpersonen mit 200 g Rhabarber beziehungsweise Spinat ein signifikanter Anstieg der Oxalsäureausscheidung im Vergleich zum Kontrolltag verzeichnet (19). Auf den Verzehr oxalatreicher Lebensmittel, wie zum Beispiel Rhabarber, Spinat, Mangold und Rote Bete, sollten Kalziumoxalatsteinpatienten daher unbedingt verzichten. Aber auch Patienten mit enteral bedingter Hyperabsorption von Oxalsäure und gastrointestinalen Erkrankungen (zum Beispiel Morbus Crohn, chronische Pankreatitiden und Dünndarmresektion) sollten diese Empfehlungen unbedingt beachten.
Der Konsum von Produkten mit mittlerem Oxalsäuregehalt sollte beim Kalziumoxalatsteinleiden ebenfalls eingeschränkt werden (22). In eigenen Untersuchungen führte die Verabreichung einer vegetarischen Kost gegenüber einer Mischkost, die beide entsprechend den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung konzipiert waren, zu einem signifikanten Anstieg der Oxalsäureexkretion auf durchschnittlich 0,4 mmol/24 Stunden, obwohl oxalatreiche Lebensmittel ausgeschlossen waren. Da die kristallisationsfördernde Eigenschaft der erhöhten Oxalsäureausscheidung und -konzentration durch den ebenfalls erhöhten Harn-pHWert und die Zitratausscheidung kompensiert wurde, blieb das Steinbildungsrisiko für Kalziumoxalat nach Verabreichung der vegetarischen Kost im Vergleich zur Mischkost unverändert gering (34) (Grafik 7).
Darüber hinaus kann die Oxalsäureausscheidung durch Verabreichung von Magnesium reduziert werden. Die orale Applikation von Magnesium führt nach Untersuchungen von Berg et al. (1) zu einer Senkung der intestinalen Absorption, vermutlich als Folge einer Komplexbildung mit Oxalat. Die Inhibitoraktivität von Magnesium im Urin beruht darüber hinaus auf einer Komplexierung von Oxalsäureionen im Urin, wodurch die Löslichkeit von Kalziumoxalat gefördert und die Ausfällung unlöslicher Kalziumoxalatkristalle verhindert wird (36).
https://www.aerzteblatt.de/archiv/1...esteinleidens-Ernaehrungsmedizinische-Aspekte