Mutti kommt heute Abend zu Besuch und bleibt bis Donnerstag.
Heißt, dass ich damit zurecht kommen muss, dass ich mein Essen nicht abwiegen will vor Besuch. Aber ich finde das nicht so schlecht, schließlich möchte ich nicht mein Leben lang immer eine Waage dabei haben, sondern eben auch meine Portionen gut einschätzen lernen. Im Prinzip ist es nicht so schwer, ich weiß ja, woran ich mich sattessen soll und was nur ein nettes Add On ist.
Das Abwiegen mache ich im Alltag ja auch nicht so, dass ich mich entscheide, wieviel ich essen will und dann kommt diese Menge grammgenau auf den Teller; sondern ich stelle den Teller auf die Waage und gebe die Portion darauf, die ich gern essen möchte. Danach schau ich erst, wieviel das ist. Daher auch meine krummen Angaben im Ernährungsprotokoll.
Vielleicht besorg ich mal Spargel und mache Hollandaise dazu, die mag Mutti sehr gern, aber bereitet sie nicht gerne zu.
Mein Mann fährt dann diese Woche öfter ins Büro, damit er ungestört arbeiten kann und wir hier Zeit zusammen verbringen können. Unsere Wohnung ist mit 56 qm und drei Zimmern im Prinzip groß genug, aber sein Arbeitsplatz ist im Durchgangszimmer. Das ließ sich nicht anders organisieren, denn von den drei Zimmer ist eines winzig (da sind nur Bett und Schrank drin und mehr passt nicht rein) und eines das Durchgangszimmer zu Küche und drittem Raum und das letzte Zimmer ist das einzige mit großen Fenstern in Richtung Osten, wo es tagsüber nie zu heiß wird, aber schön hell ist. Alle anderen Räume haben nur in den Dachschrägen Fenster. Das letzte Zimmer ist also das, wo ich mich tagsüber am meisten und liebsten aufhalte und ins Schlafzimmer passt kein Schreibtisch, es ist außerdem zu dunkel. Ich liebe die Lage unserer Wohnung sehr, aber langfristig brauchen wir etwas anderes. Wir hatten 2018 noch keine so tolle finanzielle Situation - sein Einstiegsgehalt musste reichen, ich hab damals in der Nachbargroßstadt gelebt und gearbeitet. Wir sind in einer der teuersten Städte Deutschlands und wollten gern U-Bahn in fußläufiger Nähe und mehr als 1 Zimmer und die Katzen sollen auch noch nach draußen gehen können.
Unsere Wohnung hat nun eben 3 Zimmer, die Vermieter lieben Katzen, die Nachbarn im Haus finden die Katzen zumindest sehr lustig und kommen gut mit ihnen aus, ich brauche 7 Minuten zur U-Bahn-Station, wir sind in 15 Minuten im Grünen (es gibt einen tollen Park), brauchen 7 Minuten zur Autobahn ... also die Lage ist wirklich perfekt. Dafür hat unsere Küche nur 2qm, wegen der Dachschräge passt nur eine Person rein (also technisch auch zwei, aber da schlägt sich ständig irgendwer schmerzhaft den Kopf an der Wand an), das Bad ist ein schlechter Witz (wir haben einen Klappstuhl vorm Waschbecken, weil K da nicht aufrecht stehen kann, und zum Rasieren ist das murks) und einen Hocker in der Badewanne, um im Sitzen zu duschen statt gebückt. Dabei bin ich nur 1.67m groß und er vielleicht 10cm größer. Aber wir konnten das von seinem Einstiegsgehalt bezahlen, sind im Viertel sehr glücklich und als wegen Covid Kurzarbeit drohte, war klar, dass wir diese Wohnung selbst dann bezahlen könnten. Nun verdient er erheblich mehr und wir können gut ansparen. Es ergibt keinen Sinn, noch mal umzuziehen und woanders zu mieten. Wir würden gern kaufen, es ergibt einfach mehr Sinn.
Naja. Also die Vorteile überwiegen die Nachteile um Längen, wir suchen auch dezidiert nur nach Wohnungen hier im Viertel. Aber wenn Besuch kommt, ist es eben nicht ganz einfach. Glücklicherweise ist bei ihm fast nie jemand im Büro und er kann da einfach hinfahren. Und ich muss auch sagen, dass ich das riesige Glück habe, dass mein Mann sich mit meinen Eltern einfach total gut versteht, die telefonieren auch ab und zu einfach so mal miteinander und er freut sich auch wirklich, wenn meine Mutter uns besucht. Andersherum ist es etwas schwieriger, weil ich seine Muttersprache nur schlecht spreche und daher Probleme habe, mit seinen Eltern allein zu kommunizieren. Aber ich mag sie auch sehr und sie haben sich, glaube ich, inzwischen an mich gewöhnt. Obwohl ich ihren Vorstellungen nicht so sehr entspreche. Sie haben sich etwas anderes für ihren Sohn vorgestellt und gewünscht, damit müssen wir alle irgendwie umgehen. Aber in dem Fall hat sich "killing with kindness" total gelohnt, seine Mutter hat mich zu Beginn irgendwie als eine Art Konkurrentin gesehen und darauf habe ich mich eben nie eingelassen. Als wir bei ihr zu Besuch waren, habe ich explizit dafür gesorgt, dass sie viel Alleinzeit mit ihrem Sohn verbringen kann und einmal war sie im Nachbarland auf Urlaub, kurz bevor ich eine Prüfung hatte, da habe ich vorgeschlagen, dass er für ein Wochenende hinfährt. Ich habe gesagt, dass ich zwar seine Unterstützung zu schätzen weiß, sie ihn aber zu selten sieht und das deswegen wichtiger ist. Das weiß sie, deswegen fühlt sie sich von mir nicht mehr so in Frage gestellt und mag mich lieber. Gewöhnungsbedürftig bin ich trotzdem für sie, ich will eben keine Kinder, ich "mach nichts aus mir" also benutze kein Make Up, was in seinem Herkunftsland aber üblich ist, trage Kleider, für die sie kein Verständnis hat (meine Lieblingsmarke ist Lindy Bop, meine zweitliebste Boden Direct) und habe auch wert gelegt auf mein eigenes Einkommen. Naja. Kriegen wir schon noch hin.