Hallo
Jetzt schreib ich doch auch mal noch was zum Thema:
Mein Neffe (9) muss leider seit einigen Wochen Ritalin nehmen.
Aber natürlich nicht, ohne schon seit ein paar Jahren diverses Anderes probiert zu haben.
Er war als Kleinkind schon ein totales Energiebündel, den man nicht müde bekommen hat. Nach einem langen Tag im Zoo mit anschliessend ausgiebigem Spielen und Toben am Kinderspielplatz, da wurde der Kleene nicht müde, sondern nur noch aufgedrehter.... richtig irre wurde der manchmal.
Dann fing es in der Ersten Klasse an. Ohne Scherz, Samstags Einschulung (der feierliche Teil). Dann die erste Woche Schule,. und an eben erstem Freitag (also nach sage und schreibe 5 Schultagen) musste er zum ersten Mal 10 Minuten Nachsitzen.
Und das wurde zur Gewohnheit. Es verging seither wohl kaum eine Woche, in der er keinen Heft-Eintrag oder eben Nachsitzen oder Strafarbeiten machen musste.
Nein, er ist nicht "frech zu den Lehrern" oder so. Er lässt sich einfach von jeder Bewegung, die in seinem Blickfeld ist, ablenken.... und lenkt dann natürlich auch die Mitschüler ab.
Er kann nicht still sitzen !! Konnte er schon als Kleinkind nur ganz selten mal ne Weile. Er war nie ein "Schoß-sitz-Kind" oder ließ sich gerne mal auf oder in den Arm nehmen. Da wurde er bocksteif und löste sich aus den Armen.
Meine Schwester führt eine ganz normale Ehe, würde ich mal so sagen. Und nein, der Kleine wurde auch nicht verwöhnt.
Er wurde selbstverständlich auch gemaßregelt, wenns sein musste.
Z.B. bekam er vor etwa einem Jahr einen Game-Boy - den er sich übrigens hart verdienen musste, damit dass er 3 Monate lang nicht Nachsitzen muss - den wünschte er sich soooo sehr.....
Wenn dann was schlief lief, dann bekam er durchaus mal ne Woche Game-Boy-Verbot. Und das war sehr schlimm für ihn
Genauso auch mal TV-Verbot, er darf jeden Tag eine Sendung ansehen (Spnge-Bob oder wie das heißt liebt er :???: ).
Oder.... oder.
Will also sagen, er wurde nie verwöhnt oder verzogen und musste früh lernen, für sein Tun die Konsequenz zu tragen.
Meine Schwester versuchte 2 mal eine Therapie mit ihm. Eine davon sah anfangs gar nicht mal schlecht aus. Das war so ne Art "Entspannung nach Jacobsen" ganz auf Kinder zugeschnitten. Aber mein Neffe konnte es einfach in diesen Extremfällen (Aufgedrehtheit, etc...) nicht mehr alleine anwenden. Er bekam da einfach den Dreh nicht mehr.
Jetzt ist er in der 4. Klasse und die Noten sind bescheiden gewesen.
Er hat einfach keine Zeit zu lernen oder aufzupassen..... er hat auch keine Zeit zu schreiben, man kann seine Schrift kaum lesen...... schnell schnell fertig werden, damit man dies und das... und dies und das.... und dies und das... eben am besten tausend Sachen auf einmal... machen kann.
Jetzt haben sich also Psychologin und die Eltern entschieden, dass sie es mit dem Medikament versuchen.
Es ist das kürzer wirksame (es wirkt nur bis gegen Mittag).
Und glaubt mir. Es ist jetzt nicht so, dass er deswegen benommen wirke oder sonstwie "unter Drogen" oder so.
Im Gegenteil, er ist aufgeweckt wie immer, aber voll aufmerksam und konzentriert - kann zuhören, kann sitzen bleiben, kann sich konzentrieren.
Meine Schwester berichtete nach einigen Tagen Medikamenteneinnahme mit Tränen in den Augen, dass ihr Sohn eine 2 in Deutsch heimgebracht habe, und dass sie soch sowas in ihren kühnsten Träumen nicht mehr gewagt hätte zu wünschen.
Mein Neffe selbst merkt die Veränderung und ist selbst total motiviert, weil er plötzlich so gut ist in der Schule. Auf einmal gute Noten und das Aufpassen in der Schule fällt ihm plötzlich leicht - er ist wirklich selbst ganz begeistert.
Wenn ich dann nachmittags dorthin komme, dann ist er wie früher auch schon immer. Ein Wirbelwind der keine Zeit hat
Also da hat das Medikament dann bereits ausgewirkt.
Achso, noch kurz dazu: Mein Neffe macht schon immer Sport. Früher z.B. Judo, weil sich meine Schwester davon versprach, dass er dort vielleicht lernt, besser mit seinen "Kräften" (seiner Energie) umzugehn...... er durfte nach einiger Zeit nicht mehr kommen.
Dann Handball, früher schon Kinderturnen.
Er lernt auf seinen eigenen Wunsch auch ein Instrument.
Er hat sehr viele Freunde, war schon immer sehr auf andere Kinder fixiert, trotz Einzelkind.
Er durfte noch nie ständig "drinnen spielen". Meine Schwester schmeißt ihn auch heute noch immer täglich eine Weile raus - will heißen, wenn sein Freund da ist, dann "müssen" sie mindestens auch mal ne Weile draussen Rad fahren oder auf den Spielplatz gehen..... etc.
Sie duldet also nicht, dass er den halben Tag nur drinnen spielt.
Und noch was allgemeines: Er will gar nicht so ein "schwieriges Kind" sein. Er ist in Grunde gutartig. Er lügt z.B. seine Eltern eigentlich nie an. Auch wenn er in der Schule mal was angestellt hatte, etc... er hat zu Hause immer alles erzählt.
Also es ist nicht so, dass er von grundauf frech ist. Er will das nicht sein, aber er kann einfach sehr oft gar nicht anders reagieren, als wie er es tut.
Naja, was ich sagen will ist einfach: Es kommt von Fall zu Fall drauf an. Man kann es nicht generell verurteilen..... aber natürlich, wie ihr alle schreibt, man sollte es auch vorher anders versuchen.
Für meinen Neffen ist es jedenfalls im Moment ein Segen.
Ach ja, er soll jetzt in eine katholische Schule
Nein, wir sind nicht superchristlich oder so. Noch nicht mal katholisch
Aber in besagter Schule (ich glaub man sagte Gesamtschule?) sind die Klassen viel kleiner, und die Lehrer können sich viel viel besser auch um das einzelne Kind kümmern.
Meine Schwester musste jetzt kürzlich zum "Bewerbungs-Termin". Sie hofft sehr, dass er genommen wird.
Leider sind die Plätze begehrt dort, und eben nicht unbegrenzt.
So, das war ein Roman
Jedenfalls wünsch ich dir und deinem Kind in der Hinsicht alles Gute.