Sheba, könntest du vielleicht ein bißchen Rücksicht auf mich nehmen? Ich bin nah am Wasser gebaut, nein, ich heule nicht, aber bei deinen Beiträgen bekomme ich regelmäßig Gänsehaut *brrrr
Mir ist auch aufgefallen, wo unsere Geschichten sehr ähnlich sind. Ich habe es auch immer an Ereignissen fest gemacht, wann ich wieder dünn bin. Heute in einem Jahr an Karneval, Weihnachten, Straßenfest, Geburtstag etc. bin ich wieder dünn. Ich bin versunken in meinen Tagträumen, wie ich in bestimmten Klamotten daher stolziere, wie man mich bewundert für meine Leistung. Ich habe mich sogar in meinen realen Träumen (also nachts die) immer dünn gesehen, nie so, wie ich wirklich war. Aber während ich meine Vorsätze schmiedete, landeten etliche Schokis in meinem Mund - nur noch dieses eine Mal... bis zum nächsten Termin, wo das ganze von vorne anfing.
Und jedes Jahr auf neue kam der Gedanke "Okay, wieder nicht, aber jetzt ganz bestimmt, aber vorher muss ich unbedingt nochmal die Pizzatasche verdrücken, den Kuchen backen oder eine Packung Roche, also warten wir, bis die aus der Sommerpause zurück kommen". Ich habe mich bei mir selbst beschwert, dass es doch so gemein ist. Weihnachten, wo alles so gut riecht, wo alles noch viel besser schmeckt, wo es eigentlich zur Tradition gehört, dass man sich mit Essen vollschaufelt. Wo man sich nochmal extra Mühe gibt, um die Festessen spektakulär und besonders lecker hinbekommt. All die süßen Leckereien, die man nur zur Weihnachtszeit bekommt.
Aber nach Silvester bestimmt. Nach Weihnachten wäre ja doof. An Silvester aufs Buffet verzichten *Vogel zeig. Dann kann ich gleich abblasen. Aber im Januar? Der triste Monat? Nein! Und im Februar Karneval ausfallen lassen? Da wo man sich die ganzen Kurzen (Schnaps in kleinen Pullen) kollektiv reinpfeift, damit man auch wirklich Karneval feiert? Niemals! März/April? Da wo die Geburtstage anfangen, da wo Ostern kommt, mit all den seinigen Leckerein? Im Leben nicht. Mai? Wo wir alleine im engsten Familienkreis 8 Geburtstage haben, zwei davon in meinem Haushalt - nein, Mai geht gar nicht für eine Diät! Juni? Ha, zur Grillsaison, sonst gehts noch? Juli, August? Grillt ihr da etwas nicht? Wie kacke ist das denn? Alles grillt und sitzt zusammen und ich knabber Salatblätter---neee. September? Da kann ich definitiv nicht anfangen. Da haben auch wieder viele Geburtstag, außerdem ist Kirmes (Jahrmarkt, Rummel) und Straßenfest. Das ist überhaupt nicht vereinbar. Straßenfest heißt nicht umsonst kulinarische Festtage. Vier Tage 1 km nur Fressbuden. Und jeden Tag was anderes, alle 20 m eine neue Verführung, ich bin doch nicht wahnsinnig. Oktober? Ja, da kann man mit einer Diät starten, aber im November fängt der Weihnachtskram schon wieder an. Außerdem ist es sehr dunkel und kalt draußen, die Herbstgerichte schmecken so gut. usw.
So war es immer. IMMER! Ich fand nie den Zeitpunkt anzufangen und die kurze Zeit im Oktober wurde ja im November schon wieder zerstört. Tatsächlich habe ich meist im Oktober angefangen mit Diäten, aber nie durchgehalten. Und jedes Jahr die gleichen Ausreden, die gleiche Hoffnung auf das nächste Jahr usw.
Und auch ich habe mich immer gefühlt wie die dünne Frau gefangen im dicken Körper. Mein Gott, klar war ich eingeschränkt. Aber lag es an meinem Gewicht? Hey ich hab kein Sport gemacht. Jeder Dünne, der kein Sport macht, ist mindestens genauso unkonditioniert wie ich. Ich kann mich bewegen, ich bin glücklich verheiratet, ich hab tolle Kinder, ich leb nicht am Existenzminimum, ich hab ein Auto, eine große Wohnung, ich leiste mir was ich will. Aber ich war vom Kopf doch nicht dick! Nein, innen drin, da schrie es förmlich nach der Befreiung. Verbrenn deinen Körper, schneid es ab, lass es einfach fallen, aber verdammt nochmal, nimm es von mir weg. Runter von meiner Person. Das bin nicht ich!! Warum hört mich keiner, ich will nichts lieber und ich rede von nichts anderem und trotzdem muss ich damit rumlaufen. Nicht wie die, die sich nur vollstopfen und jammern. Ich mach das nur, weil es eh keinen Sinn hat, nicht wie die anderen!
Hört sich bescheuert an, aber so hab ich nunmal gedacht. Und ja, ich habe mich auch vollgestopft, aber nie! niemals nie! habe ich die dünne Frau in meinem Körper verstummen lassen. Und das ist mein Grund, warum ich es nochmal versuchen wollte. 120kg, war nicht die Steffi, die sie wirklich war. Ich passte nicht in das Schema einer Übergewichtigen. Ich wollte mich nicht gehen lassen, ich wollte trotzdem attraktiv sein, lebenslustig und ansteckend fröhlich. Aber optisch war ich das alles nicht. Ich war eben gefangen. Und dann hab ich den Weg gefunden. Den Weg, wie ich es schaffe mich von innen durch diesen Overall aus Fett, Selbstmitleid und Verzweiflung zu graben. Und ich grabe immer noch. Und mein Skianzug wird immer kleiner. Und irgendwann ist die Steffi auch von außen sichtbar, die viel zu lange drinnen gekauert hat.