Kindliche Grausamkeit (auch diesmal aus dem Leben gegriffen...)
Ein sie innig verehrender Kindergartenfreund erheischte ein mittägliches Date mit V.. So wurde ein gemeinsamer Spielnachmittag verabredet. Allerdings war es ein Date mit Hindernissen, denn V. war unwillig dem jungen Mann Herz und Spielhand zu reichen. Unter dem gelinden Druck ihrer Mutter erklärte sie sich dann doch bereit eine Audienz zu gewähren. Es ist zu erwähnen, dass auf den Druck von B. erwachsene Männer mit Schweißausbrüchen und einem Adrenalinschub ausserhalb messbarer Werte reagieren. Aber das war nur eine kleine Abschweifung, um die Lebensumstände von V. zu beleuchten.
Der Mittag mit M, gestaltete sich trotzdem recht harmonisch, obwohl sich B. wunderte, das der auf Süßigkeiten ganz versessene M., diesmal keine selbigen erheischte. Plötzlich lief V. aus dem Kinderzimmer und erklärte ihrer sorgenden Mutter, natürlich unter herzzerreissendem Schluchzen, dass M. sie tätlich angegriffen habe. B. ist eine liebende Erziehungsberechtigte, aber nicht dumm, und so ahndete sie die, vermeintlich grundlose, Grausamkeit von M. nicht. Aber als sie des Abends V. zu Bett brachte, erheischte sie von ihr die genauen Umstände die zu der kleinen Schlägerei geführt hatten, denn auch V. war nicht untätig geblieben, wie sie inzwischen wusste. Töchterlein war durchaus bereit die näheren Umstände bekannt zu geben, zumal sie sich absolut als im Recht empfand. Und so erstrahlte, Wort für Wort... Licht in die Dunkelheit kindlichen Miteinanders.
M. hatte sich von V. einen Lolli erbeten. Und mit blitzschneller, weiblicher Logik war ihr klar geworden welch einmalige Chance sich ihr eröffnete. Sie lächelte M. mit jenem zuckersüßen Lächeln an, dass wir nur allzugut von B. kennen. Sicher wolle sie ihm einen Lolli schenken, und daran sei auch nur eine winzige Bedingung geknüpft: Er solle nie, nie wieder das Haus betreten. M. weigerte sich standhaft seine Verehrung, wie auch ihre praktische Ausübung, für einen Lolli zu verraten. Tapfer erklärte er den Verzicht auf das geliebte Naschwerk.
V. war jedoch nicht Willens dies hinzunehmen. Und nachdem er nicht auf den Deal mit Zuckerbrot und Peitsche, bzw. Lolli und Hausverbot eingegangen war, ließ sie den Lolli eben weg, und erklärte ihm, ihn so oder so, nicht mehr sehen zu wollen. M. war nun doch beleidigt und brachte dies auch schlagkräftig zum Ausdruck. V. antwortete mit ebenso, bevor sie sich, ganz das arme unschuldige Opfer, in die mütterlichen Arme flüchtete.
B. reagierte so pädagogisch wertvoll, als gälte es den Wettbewerb "Erziehungsberechtigte des Jahres" zu gewinnen. Sie machte V. klar, wie unfasslich grausam sie an M. gehandelt hätte, und das man niemals so mit einem Gast umginge. Welch Glanzleistung an Erziehungsarbeit, vor allem da unsere geschätzte B. gezwungen war, parallel zu ihrer weisen, wie auch sanftmütigen Rede, all die unzähligen Erinnerungen an ähnliche, eigene Handlungen zu unterdrücken....