Ich futtere derzeit auch recht unkontrolliert. Aber ich weiß, dass ich mein Gehirn dahingehend nicht kontrollieren kann. Wir brauchen einen anderen Mechanismus.
Vom Kalorienzählen werden wir weder satt, noch schlank, noch zufrieden.
Als ich aufhörte, zu rauchen (von 60 auf 0 und von jetzt auf sofort) nahm ich schnell zu. Das war der Beginn meiner Diätkarriere. In 2 Jahren 'konnte' :rotfl: ich mein Gewicht von 58 Kilo auf 128 Kilo steigern. Mit vielen netten 1000-Kalorien-Diäten. Wie sagte doch die freundliche Ärztin, die mich dann zu Beginn einer 'Kur' in Bad Königshofen mit 106 Kilo Lebendgewicht untersuchte, wortwörtlich zu mir: "Wer so fett ist wie Sie, frisst zuviel und bewegt sich zu wenig. Sie werden hier 1000 Kalorien bekommen und ordentlich Sport machen" (zu diesem Zeitpunkt war ich bereits seit 2 Jahren in ner Mucki-Bude und nutzte sie auch im Schnitt 3 x/Woche). Mein Einwand, dass ich bereits seit vielen Monaten 1000 Kcal täglich esse, wurde vom Tisch gefegt (geglaubt hat sie mir sowieso nicht); alles, was unter 1000 Kcal sei, müsse stationär durchgeführt werden. 4 Wochen später - am Entlassungstag - wog ich dann 300 g weniger (hatte gerade meinen Morgenkaffee der Keramikabteilung übergeben); in den 4 Wochen habe ich aus lauter Langeweile im Fitnessraum der Kurklinik wesentlich mehr Sport getrieben als ich es in Frankfurt getan hätte.
Das Theme brain-pull ist interessant. Da lese ich mich weiter ein.
Socki, hast du nicht eine MagenOP? Im dem Buch steht auch, warum diese OPs nie die gewünschte Wirkung haben können.
Ich habe nicht nur eine Magen-OP, ich habe innerhalb von 4 Jahren 4 unterschiedliche Mägen bzw. Magen-Darm-Verbindungen 'gebastelt' bekommen. Insgesamt sind es bis jetzt 10 OPs, weil ständige Bauchdeckenbrüche (sagte mein Operateur: sah aus, als hättense im Kossovo ne Splitterbombe abbekommen), Hernien, ein Blindsack etc. dazu kamen. Mein Restmagen hat das Fassungsvermögen eines Schnapsgläschens = 20 ml. Ich lebe in 2 Welten, sozusagen 'gute Zeiten - schlechte Zeiten :lol: : entweder das Essen läuft vom Magen nicht weiter in den Dünndarm (Magenausgangsstenose); dann kotze ich esslöffelchenweise - stundenlang, weil ja auch der gebildete Speichel sich staut , oder aber ich kann fressen wie ein hungriger Bauarbeiter, der nie irgendwas mit dem Magen hatte, schon gar nicht eine Restmagen-OP. Ich hab das mal den ungläubig schauenden Adipositas-Chirurgen vorgeführt. Ne angetaute Schwarzwälder Kirschtorte mit 1250 g war in knapp 20 Minuten aufgegessen. Sie haben noch ne halbe Stunde gewartet mit der Magenspiegelung, weil sie davon ausgingen, dass ne Minimenge der Torte in meinem Magen ist und der Rest sich rückstaut in der Speiseröhre, und sie es absaugen müssen. Pfeifendeckel. Errare humanum (oder besser: medicum) est. Da war nix. Speiseröhre leer, Restmagen leer und der Dünndarm, so weit sie ihn mit den Instrumenten erreichten: leer. Keine gedehnte Speiseröhre oder Aussackung im Dünndarm (was viele Operierte haben, wenn sie konstant zu viel essen).
Ich empfehle hiermit das Buch nochmal, weil es die Hintergründe sehr gut erklärt.
Ich habe mich ja neulich mit Mariama getroffen und ihr u. a. zwei Stories aus meiner VT erzählt.
Ursprünglich habe ich die Therapie Jahre nach einem schweren Verkehrsunfall begonnen, weil ich massive Probleme beim Autofahren hatte (und auch jetzt noch nicht schneller als 60 fahre, ohne Panik zu bekommen. Also nix mit Autobahn). Wir kamen allerdings auch sehr schnell über meine verkorkste Familiengeschichte auf mein Essverhalten, da nicht zu übersehen war, dass ich konstant zunahm.
Zwischendurch eine kleine, aber für mich wichtige Episode: Sitzung jeden Freitag um 19 Uhr. Ich erzähle von der vergangenen Woche, als mir irgendwann auffällt, dass der Magen meines Therapeuten laut und vernehmlich knurrt. Ich fühle mich plötzlich unwohl, weil ich den Armen mit meinem 'unbedeutenden Gefasele' vom Abendessen abhalte. Nächste Therapiestunde: wieder knurrt sein Magen. Ich fühle mich miserabel. Auch beim nächsten Mal knurrt sein Magen, und ich unterbreche meinen Satz, und sage ihm, dass er doch um Himmelswillen seine Stulle auspacken solle und, während ich weiter erzähle, diese essen soll. Ich sei beim besten Willen nicht so gestört, dass ich mich deshalb abgelehnt fühlen würde, weil er während der Therapie isst.
Der Arme sah mich an, als käm ich von nem anderen Stern und wollte genau wissen, was der Hintergrund zu diesem 'Gefühlsausbruch' sei. Ich erklärte es; er war von den Socken und bat mich, ihm zu glauben, dass er nicht im Geringsten hungrig sei. Er fühle sich rundherum wohl, und das Grummeln seines Magens sei nur sein Ausdruck dafür.
Ich habe bis zu diesem Tag Magengrummeln (auch mein eigenes)ausschließlich mit Hunger in Verbindung gebracht.
Zurück zu: ich nahm unübersehbar zu...
Wir sprachen über mein Essverhalten. Ich frühstücke morgens um 5 Uhr, dann 2. Frühstück in der Firma um 9 Uhr - da ist Frühstückspause. Dann um 12:30 Mittagspause - ja, da esse ich selbstverständlich auch. Wenn ich um halb vier nach Hause komme, esse ich etwas. Na, und dann Abendessen (dabei bewegte sich dann die Gesamtkalorienzahl aber bei meiner Grenze von 1000 kcal).
Frage: Wenn sie dann im Büro das zweite Frühstück essen - dann haben Sie Hunger, nicht wahr?
Antwort: Äähem - HUNGER??? weiß nicht - äääh - also: eher nein. Aber es ist doch Frühstückspause, und alle essen, und da muss ich doch ... ich kann doch nicht um 10 Uhr - wenn ich dann hungrig wäre ...
Frage: Und zur Mittagspause, da haben Sie dann aber Hunger?
Antwort: Äääääh - lange Pause. Also ich weiß nicht so Recht. Ich glaube nicht.
Frage: Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie häufig essen, OHNE Hunger zu haben, nur weil gerade irgendwelche offiziellen Pausenzeiten in der Firma sind?
Antwort: Ja, das ist richtig.
Frage: Wenn ich es anders ausdrücke, ist es für Sie dann immer noch in Ordnung: Wenn Sie essen, ohne hungrig zu sein, dann sind sie satt. Ist es richtig, dass Sie häufig essen, obwohl sie satt sind?
Antwort: entsetztes Schweigen. Dieser Umkehrschluss war völlig richtig, aber ich selbst wäre wohl nie darauf gekommen.
So wenig, wie ich Magenknurren als etwas anderes deuten konnte als als Zeichen von Hunger, so wenig war mir klar, dass, keinen Hunger zu haben, nichts anderes bedeutet, als: ich bin satt.
Wir kamen überein (als 'Hausaufgabe' sozusagen :rotfl: ), dass ich abwarten würde, bis ich ein Hungergefühl verspüre, und dann bei der folgenden Sitzung berichten würde. Zwar nicht 'abwarten und Tee trinken', sonden abwarten und leichten Milchkaffee trinken. Ich hatte schon mehrfach gefastet und wusste aus meinen Büchern, dass der Hunger in den ersten 3 Tagen groß sein soll. So habe ich diese 3 Tage immer umgangen, indem ich jeden Tag eine Recatol (Appetitzügler, damals noch frei verkäuflich) nahm. Ab dem vierten Tag war ja dann sowieso nur noch Euphorie angesagt. Dummerweise habe ich es jetzt genau so gemacht - 3 Tage Recatol und der Hunger, den ich vielleicht verspürt hätte, hatte keine Chance. Ich habe 6 Tage lang nur leichten Milchkaffee getrunken und dabei verzweifelt darauf gewartet, doch bitte, bitte endlich ein Hungergefühl zu verspüren. Nix. Nada. Niente. Rien.
Am Abend des sechsten Tages (= Vorabend der nächsten Therapiestunde) bekam ich dann einen Fressanfall vom Feinsten, ausgelöst durch den absurden Gedanken, nun niiiiie mehr Hunger zu haben ...
Ich werde mich mal mit diesen Gedanken beschäftigen.
Lieben Gruß vonne Socke