Reizdarm
Verrückter Darm
Wenn der Darm verrückt spielt, steckt oftmals ein harmloser Virus dahinter. Treten die Beschwerden immer wieder auf, kann ein so genannter Reizdarm die Ursache sein.
„Wut im Bauch“ oder „etwas aus dem Bauch heraus entscheiden“ – der Volksmund kennt einige Sprichwörter, die den Bauch als Gefühlszentrum beschreiben. Tatsächlich hat der Magen-Darm-Trakt seinen eigenen Kopf. Über 100 Millionen Nervenzellen im Darm, mehr als im gesamten Rückenmark, arbeiten nahezu unabhängig vom Zentralen Nervensystem. Im Nervensystem des Darms finden sich dieselben Zelltypen, Wirkstoffe und Rezeptoren wie im Gehirn, weshalb der Darm auch als „Gehirn im Bauch“ bezeichnet wird. Dieses Bauchhirn sendet unablässig Signale an den Kopf – aber seltener umgekehrt. Daher lässt sich die Verdauung auch nicht willentlich beeinflussen.
Als eines der wichtigsten Organe im Körper ist der Darm nicht nur für die Verdauung und den Transport unserer Nahrung zuständig, sondern auch für den Stoffwechsel. Im Darm wird alles, was wir essen in seine Bestandteile zerlegt und dem Körper als Nährstoffe und Energie wieder zugeführt. Auch rund 70 Prozent unserer Abwehrzellen verrichten im Darm ihre Arbeit und wehren sich gegen Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze oder Viren.
Darm im Ausnahmezustand
Gerät das sensible Gleichgewicht im Darm durcheinander, kann es zu unangenehmen Beschwerden kommen, die nahezu jeder schon einmal erlebt hat. Unregelmäßiges oder ungewohntes Essen, Stress, zu wenig Bewegung, Medikamente oder Infekte können zu vorübergehendem Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen, Durchfall oder Verstopfung führen. Bei knapp zehn Prozent der deutschen Bevölkerung treten diese Symptome über einen längeren Zeitraum immer wieder und unterschiedlich stark auf. In solchen Fällen handelt es sich um das so genannte Reizdarm-Syndrom (RDS oder IBS für Irritable Bowel Syndrom).
Starke psychische Belastungen
Betroffene Patienten leiden jedoch oft nicht nur unter der Vielzahl körperlicher Beschwerden, sondern auch unter großen psychischen Belastungen. Da die Symptome häufig plötzlich und in unregelmäßigen Abständen auftreten, trauen sie sich nicht mehr aus dem Haus oder zur Arbeit. Viele haben eine monate- oder jahrelange Ärzteodyssee hinter sich, da die Diagnose aufgrund der Symptome sehr schwierig zu stellen ist. „Sie sind gesund, ich kann nichts feststellen“, ist wohl einer der meist gehörten Sätze von Betroffenen. Tatsächlich sind Reizdarm-Patienten organisch gesund, aber dennoch krank. „Eine Person mit Reizdarm ist krank, da die normale Funktion des Darms zeitweise gestört ist und die Lebensqualität erheblich eingeschränkt wird“, so Reizdarm-Experte Dr. Michael Harkenthal. Weiter wichtig zu wissen: Die Krankheit ist nicht lebensbedrohend. Und es gibt keine wissenschaftlichen Hinweise, dass das Risiko für andere Krankheiten des Magen-Darm-Traktes durch das Reizdarmsyndrom erhöht ist.
Ein richtig funktionierender Darm sorgt dafür, dass es uns gut geht. Ist er gereizt, kann das mehrere Ursachen haben und sich unterschiedlich äußern.
Ursachen
Reine Nervensache?
Obwohl ein Zehntel der Bevölkerung unter Reizdarm leidet, sind die Ursachen für die Entstehung noch nicht endgültig geklärt.
Ein gesunder Darm transportiert die Nahrung durch ein kompliziertes Zusammenspiel der Darmmuskulatur durch den Magen-Darm-Trakt, die so genannte Peristaltik. Hierbei wird der Nahrungsbrei durch Bewegungen der Darmwand vermischt, zerkleinert und schließlich weiter transportiert. Anders beim Reizdarm: „Man vermutet, dass beim Reizdarmsyndrom eine Störung dieser Bewegungsabläufe vorliegt. Zu viel oder zu wenig Transportbewegungen können dann entweder zu Verstopfung oder zu Durchfall führen“, so Dr. Michael Harkenthal. Blähungen, Krämpfe und Schmerzen können dabei als unangenehmen Begleiterscheinungen auftreten.
Überempfindlicher Darm
Die Faktoren, die das Zusammenspiel beeinflussen und zu den Beschwerden führen, sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Ein Grund kann ein überempfindlicher Darm sein. Die Nerven im Darm reagieren auf normale Reize wie etwa einen gefüllten Darm fälschlicherweise mit Schmerzreizen oder interpretieren harmlose Nahrung als schwer verdaulich. Bauchschmerzen und Blähungen können die Folgen sein. Experten sprechen in diesem Fall von einer Störung der darmeigenen Wahrnehmung.
Ernährung und Stress
Ernährungsgewohnheiten und die psychische Situation der Betroffenen müssen als mögliche Ursachen genau untersucht werden.
Falsche Ernährung kann das Reizdarmsyndrom auslösen. Reizdarm-Patienten vertragen häufig keine Fette, gebratene Speisen, Kaffee, Tee, Alkohol sowie ballastarme Ernährung. Allerdings gibt es auch hier keine Faustregel, was Betroffene meiden oder auf jeden Fall essen oder trinken sollten. Jeder Patient muss für sich selbst herausfinden, was für ihn bekömmlich ist und was nicht. Hierbei kann ein Ernährungstagebuch helfen, das über einen längeren Zeitraum geführt wird. Neben den verzehrten Lebensmitteln sollten auch der Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme sowie die Symptome, falls aufgetreten, notiert werden. So kann das Tagebuch wertvolle Hinweise auf mögliche Unverträglichkeiten liefern.
Stress und Psyche
Der Darm kann sehr sensibel auf Stressfaktoren reagieren. Stress und Hektik können daher nicht nur die Symptome verschlimmern, sondern einen Reizdarm auch auslösen. Auch psychische und soziale Faktoren wie Ängste, Überforderung im Beruf oder Privatleben, Depressionen oder angestauter Ärger können nach heutigem Wissenstand den Verlauf und die Entstehung eines Reizdarms entscheidend beeinflussen.
Symptome & Diagnose
Nicht nur eine Verdauungs- störung
Die Symptome sind vielfältig, die Schmerzen kaum auszuhalten: Wer unter Reizdarm leidet ist zwar organisch gesund, aber dennoch krank.Wer an Reizdarm erkrankt ist, leidet unter gestörten Bewegungsabläufen im Darm. Viele Patienten berichten, dass sie die Verdauungsvorgänge spüren könnten und diese als besonders schmerzhaft wahrnehmen. Bei ihnen treten eine Reihe von Beschwerden auf, die unregelmäßig wiederkehren können, aber über mindestens drei Monate oder länger andauern. Typisch sind Blähungen, krampfartige Schmerzen, die sich nach dem Stuhlgang bessern, Durchfall und/oder Verstopfung. Weiter können allgemeines Unwohlsein, das Gefühl, der Darm wird nicht richtig leer, migräneartige Kopfschmerzen und Rückenbeschwerden den Betroffenen das Leben zur Qual machen.
Diagnose über Ausschlussverfahren
Beim Reizdarmsyndrom handelt es sich um eine „funktionale“ Erkrankung. Anders als bei „organischen“ Erkrankungen des Darms wie zum Beispiel einer chronischen Entzündung (Morbus Crohn), lassen sich keine eindeutigen Ursachen feststellen. Daher ist die Diagnose nicht einfach und die Untersuchung muss nicht immer zu einem Ergebnis führen. Dennoch betont Dr. Michael Harkenthal: „Als erste Anlaufstelle sollten Betroffene immer einen Arzt aufsuchen, denn nur er kann eine verlässliche Diagnose stellen“. Patienten berichten zwar immer wieder, dass Ärzte von Einbildung sprechen und sie sich mit ihrer Krankheit nicht ernst genommen fühlen. In diesem Fall rät Dr. Michael Harkenthal: „Wenn ein Arzt keine organische Erkrankung als Ursache für die Beschwerden feststellen kann, darf man ihn sicher fragen, ob es sich möglicherweise um das Reizdarmsyndrom handeln könnte.“
Hilfreich für die Diagnose sind Hinweise, die mit der Erkrankung in Zusammenhang stehen könnten. Hierzu zählen unter anderem frühere Beschwerden und Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts sowie mögliche Operationen. Dem Arzt kann es auch weiterhelfen, wenn Betroffene ein Tagebuch führen, in dem sie Dauer, Zeitpunkt und Intensität der Beschwerden notieren. Über Blut-, Stuhl- und weitere Untersuchungen wie etwa eine Darmspiegelung kann der Arzt organische Ursachen und andere Krankheiten, die ähnliche Symptome zeigen, ausschließen.
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Carolina schrieb:Warst du denn direkt beim Gastroenterologen?
Carolina schrieb:Und weißt du, was das Positive an Reizmagen/-Darm ist? Die Betroffenen leben im Durchschnitt länger als jene, die das nicht haben.... Das Negative ist, dass der Spaß nicht heilbar ist und man lernen muss, damit zu leben!
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